Die Bekenntnisschriften - page 547

Leuenberger Konkordie
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IV. Erklärung und Verwirklichung der Kirchengemeinschaft
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Kirchengemeinschaft im Sinne dieser Konkordie bedeutet, daß Kirchen verschiedenen
Bekenntnisstandes
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aufgrund der gewonnenen Übereinstimmung im Verständnis des
Evangeliums einander Gemeinschaft an Wort und Sakrament gewähren und eine
möglichst große Gemeinsamkeit in Zeugnis und Dienst an der Welt erstreben.
1. Erklärung der Kirchengemeinschaft
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Mit der Zustimmung zu der Konkordie erklären die Kirchen in der Bindung an die sie
verpflichtenden Bekenntnisse oder unter Berücksichtigung ihrer Traditionen:
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a) Sie stimmen im Verständnis des Evangeliums, wie es in den Teilen II und III Aus-
druck gefunden hat, überein.
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b) Die in den Bekenntnisschriften ausgesprochenen Lehrverurteilungen betreffen ent-
sprechend den Feststellungen des Teils III nicht den gegenwärtigen Stand der Lehre
der zustimmenden Kirchen.
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c) Sie gewähren einander Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft. Das schließt die
gegenseitige Anerkennung der Ordination und die Ermöglichung der Interzelebratio
n
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ein.
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Mit diesen Feststellungen ist Kirchengemeinschaft erklärt. Die dieser Gemeinschaft
seit dem 16. Jahrhundert entgegenstehenden Trennungen sind aufgehoben. Die betei-
ligten Kirchen sind der Überzeugung, daß sie gemeinsam an der einen Kirche Jesu
Christi teilhaben und daß der Herr sie zum gemeinsamen Dienst befreit und verpflich-
tet.
2. Verwirklichung der Kirchengemeinschaft
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Die Kirchengemeinschaft verwirklicht sich im Leben der Kirchen und Gemeinden. Im
Glauben an die einigende Kraft des Heiligen Geistes richten sie ihr Zeugnis und ihren
Dienst gemeinsam aus und bemühen sich um die Stärkung und Vertiefung der ge-
wonnenen Gemeinschaft.
11 Bekenntnisstand bedeutet die Bekenntnisgrundlage einer Gemeinde oder Kirche. Sie besteht in einer Sammlung
von Bekenntnisschriften, zumeist aus dem 16. Jahrhundert, die in einer Kirche als Grundlage aktuellen Beken-
nens und als Orientierung für die Auslegung der Heiligen Schrift in Geltung sind. Es gibt Unterschiede im Urteil
über die Bedeutung des Bekenntnisstandes. Für die lutherischen Kirchen sind die Bekenntnisse Grundlage der
Kirche und Schlüssel zum Verständnis der Heiligen Schrift, die reformierten Kirchen betonen die Relativität der
Bekenntnisse und den absoluten Vorrang der Heiligen Schrift.
12 Interzelebration ist mehr als Interkommunion, die den Gliedern getrennter Kirchen die Teilnahme am Abendmahl
der anderen Kirche ermöglicht. Interzelebration bedeutet, daß Ordinierte aus Kirchen mit unterschiedlichen Be-
kenntnissen und Ordinationsverpflichtungen auch in der je anderen Kirche Gottesdienst, vor allem auch
Sakramentsgottesdienst, halten und leiten dürfen.
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