Leuenberger Konkordie
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III. Die Übereinstimmung angesichts der Lehrverurteilungen
der Reformationszeit
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Die Gegensätze, die von der Reformationszeit an eine Kirchengemeinschaft zwischen
den lutherischen und reformierten Kirchen unmöglich gemacht und zu gegenseitigen
Verwerfungsurteilen geführt haben, betrafen die Abendmahlslehre
, die Christologie
und die Lehre von der Prädestinatio
. Wir nehmen die Entscheidung der Väter
ernst, können aber heute folgendes gemeinsam dazu sagen:
1. Abendmahl
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Im Abendmahl schenkt sich der auferstandene Jesus Christus in seinem für alle da-
hingegebenen Leib und Blut durch sein verheißendes Wort mit Brot und Wein. So
gibt er sich selbst vorbehaltlos allen, die Brot und Wein empfangen; der Glaube emp-
fängt das Mahl zum Heil, der Unglaube zum Gericht.
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Die Gemeinschaft mit Jesus Christus in seinem Leib und Blut können wir nicht vom
Akt des Essens und Trinkens trennen. Ein Interesse an der Art der Gegenwart Christi
im Abendmahl, das von dieser Handlung absieht, läuft Gefahr, den Sinn des Abend-
mahls zu verdunkeln.
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Wo solche Übereinstimmung zwischen Kirchen besteht, betreffen die Verwerfungen
der reformatorischen Bekenntnisse nicht den Stand der Lehre dieser Kirchen.
2. Christologie
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In dem wahren Menschen Jesus Christus hat sich der ewige Sohn und damit Gott
selbst zum Heil in die verlorene Menschheit hineingegeben. Im Verheißungswort und
Sakrament macht der Heilige Geist und damit Gott selbst uns Jesus als Gekreuzigten
und Auferstandenen gegenwärtig.
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Im Glauben an diese Selbsthingabe Gottes in seinem Sohn sehen wir uns angesichts
der geschichtlichen Bedingtheit überkommener Denkformen vor die Aufgabe gestellt,
neu zur Geltung zu bringen, was die reformierte Tradition in ihrem besonderen Inter-
8 Der Dissens betrifft die Frage der „leiblichen Gegenwart Christi in den Abendmahlselementen“ und die daraus
folgende lutherische Konsequenz, daß auch die Unwürdigen und Ungläubigen (sich selbst zum Gericht) Christi
Leib und Blut essen, wenn sie am Abendmahl teilnehmen.
9 Der Streit ging um die Frage der Einheit und Unterschiedenheit der göttlichen und der menschlichen Natur in der
Person Jesu Christi.
10 Hier handelt es sich vor allem um Calvins Lehre von der Prädestination, die durch die Dordrechter Synode von
1618/19 bekräftigt wurde. Dort heißt es von der ewigen Erwählung: „Sie ist der ewige unveränderliche Vorsatz
Gottes, durch den er vor der Grundlegung der Welt aus dem Ganzen des durch seine Schuld in Sünde gefallenen
Geschlechts nach seinem Gutdünken aus bloßer Gnade eine bestimmte Zahl, nicht besser als die anderen, zum
Heil erwählte durch Christus …“ Für die Lutheraner bedeutete diese Fassung der Erwählungslehre eine Herab-
minderung des Heilswerks Jesu Christi, die zu Skrupeln und Ungewißheit aller Glaubenden führen müsse.