Die Bekenntnisschriften - page 301

Abhandlung über die Amtsgewalt des Papstes und der Bischöfe
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Die Frommen sollen sich also diese großen Irrtümer des Papstreiches und seine
Tyrannei vor Augen halten und bedenken, daß erstens die Irrtümer verworfen werden
müssen und die wahre Lehre angenommen werden muß, um der Ehre Gottes und des
Seelenheils willen. Sodann sollen sie auch bedenken, was für ein großes Verbrechen
es ist, die ungerechte Grausamkeit, das Töten von Heiligen, deren Blut Gott zweifel-
los rächen wird, zu unterstützen.
[488] Vor allem aber müssen die vornehmsten Glieder der Kirche, die Könige und
Fürsten, der Kirche helfen und dafür sorgen, daß die Irrtümer beseitigt und die Ge-
wissen geheilt werden, wie Gott ausdrücklich die Könige ermahnt: „Und nun, Köni-
ge, seid verständig und laßt euch belehren, die ihr die Erde richtet“ (Ps 2, 10). Die
erste Sorge der Könige muß nämlich sein, die Ehre Gottes zu fördern. Deshalb wäre
es äußerst würdelos, wenn sie ihre Autorität und Macht zur Bestärkung der Abgötterei
und zu anderen zahllosen Schandtaten und zum Mord an den Heiligen einsetzen
würden.
Und selbst wenn der Papst Konzile abhält, wie kann die Kirche geheilt werden,
wenn der Papst nicht zuläßt, daß etwas gegen seinen Willen entschieden wird, wenn
er niemandem erlaubt, seine Meinung zu sagen, außer seinen Anhängern, die durch
schreckliche Eide und Verwünschungen, welche nicht einmal durch das Wort Gottes
eingeschränkt sind, zur Verteidigung seiner Tyrannei und Gottlosigkeit verpflichtet
wurden.
Da aber die Entscheidungen der Konzile Entscheidungen der Kirche sind, nicht der
Päpste, so ist es die Aufgabe vor allem der Könige, die Willkür der Päpste zu zügeln
und dafür zu sorgen, daß der Kirche nicht die Möglichkeit genommen wird, gemäß
dem Worte Gottes zu urteilen und zu entscheiden. Und wie die anderen Christen die
übrigen Irrtümer des Papstes kritisieren sollen, so sollen sie auch den Papst
kritisieren, wenn er die wahre Erkenntnis und das wahre Urteil der Kirche flieht und
behindert.
Deshalb, selbst wenn der römische Bischof aus göttlichem Recht den Primat hätte,
schuldet man ihm dennoch keinen Gehorsam, [489] nachdem er gottlose Kulte und
die dem Evangelium widersprechende Lehre verteidigt, ja, man muß ihm sogar wie
dem Antichristen widerstehen.
Die Irrtümer des Papstes sind offenkundig und nicht geringfügig. Offenkundig ist
auch die Grausamkeit, die er gegen die Frommen übt. Und es steht fest, daß Gott
befiehlt, Abgötterei, gottlose Lehre und ungerechte Grausamkeit zu fliehen. Also
haben alle Frommen große, zwingende und offenkundige Gründe, dem Papst nicht zu
gehorchen. Und diese zwingenden Gründe trösten die Frommen gegen alle Schmä-
hungen, die ihnen mit Hinweis auf Ärgernis, Schisma und Zwietracht entgegen-
geschleudert werden.
Wer aber mit dem Papst einer Meinung ist und seine Lehre und Kulte verteidigt,
besudelt sich mit Abgötterei und gotteslästerlichen Meinungen, wird schuldig am Blut
der Frommen, die der Papst verfolgt, verletzt die Ehre Gottes und hindert das Heil der
Kirche, denn er festigt die Irrtümer und Verbrechen für alle Zukunft.
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