Die Bekenntnisschriften - page 302

Abhandlung über die Amtsgewalt des Papstes und der Bischöfe
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Über die Amtsgewalt
und Rechtsprechungsbefugnis
der Bischöfe
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Im [Augsburger] Bekenntnis und in der Apologie [Artikel 28] haben wir dargelegt,
was über die kirchliche Amtsgewalt im allgemeinen gesagt werden muß. Das
Evangelium erteilt nämlich denen, die an der Spitze der Gemeinde stehen, den Auf-
trag, das Evangelium zu lehren, die Sünden zu vergeben, die Sakramente zu verwal-
ten, ferner gibt es ihnen die Befugnis zur Rechtsprechung, nämlich den Auftrag,
diejenigen, deren Verbrechen bekannt sind, zu exkommunizieren und die Bußfertigen
wieder freizusprechen. Und aufgrund der Aussagen aller, auch der Gegner, ist völlig
klar, daß diese Befugnis aus göttlichem Recht allen zukommt, die an der Spitze von
Gemeinden stehen, ob sie nun Pastoren oder Presbyter oder Bischöfe genannt werden.
Deshalb lehrt Hieronymus
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eindeutig, daß in den apostolischen Schriften alle, [490]
die an der Spitze einer Gemeinde stehen, gleichermaßen Bischöfe wie Älteste sind,
und er zitiert aus dem Titusbrief (1, 5–7): „Deshalb habe ich dich in Kreta
zurückgelassen, damit du in jeder Stadt Älteste einsetzt.“ Und er fährt fort: „Ein
Bischof soll der Mann einer einzigen Frau sein.“ Auch Petrus und Johannes nennen
sich Älteste. Und dann fährt er [Hieronymus] fort: „Daß aber später einer ausgewählt
wurde, der den anderen vorgesetzt wurde, dies geschah, um Spaltung zu verhindern,
damit nicht jeder seine Anhänger sammelt und dadurch die Gemeinde Christi zerstört.
Denn auch in Alexandria haben die Ältesten von dem Evangelisten Markus an bis zu
den Bischöfen Esra und Dionysius immer aus ihrem Kreis einen ausgewählt und auf
einem höheren Platz sitzen lassen, den sie Bischof nannten, so wie wenn ein Heer sich
einen zum Kaiser macht und wie die Diakone aus ihrem Kreis einen besonders
fleißigen auswählen und Archidiakonus nennen. Was aber tut ein Bischof, abgesehen
von der Ordination, was nicht auch ein Presbyter tut?“
Also lehrt Hieronymus, daß die Ränge des Bischofs und des Presbyters oder Pastors
aus menschlicher Autorität unterschieden worden sind. Und dies zeigt auch die Sache
selbst, denn die Amtsgewalt ist dieselbe, wie ich oben gesagt habe.
[Über die Ordination]
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Aber etwas ließ später einen Unterschied zwischen Bischof und Pastor entstehen,
nämlich die Ordination, denn es wurde festgelegt, daß nur ein Bischof Geistliche in
verschiedenen Gemeinden ordinieren dürfe. Aber da nach göttlichem Recht die Grade
des Bischofs und des Pastors nicht verschieden sind, ist offenkundig, daß eine Or-
dination, die ein Pastor in seiner Gemeinde vollzieht, nach göttlichem Recht gültig ist.
13 Hieronymus, Brief 146, an Euangelus.
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