Der Große Katechismus
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kann Gottes Wort weder hören noch ertragen. Und Gottes Wort ist nicht wie ein ande-
res loses Geschwätz, wie zum Beispiel die Sage von Dietrich von Ber
, sondern wie
Sankt Paulus, Römer 1 (v. 15), sagt, eine Kraft Gottes; ja, freilich eine Kraft Gottes,
die dem Teufel brennendes Leid zufügt und uns über alle Maßen stärkt, tröstet und
hilft.
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Und was soll ich viel sagen? Wenn ich allen Nutzen und alle Frucht erzählen sollte,
die Gottes Wort bewirkt, wo wollte ich genug Papier und Zeit dazu hernehmen? Den
Teufel nennt man Tausendkünstler. Wie will man aber Gottes Wort nennen, das sol-
chen Tausendkünstler mit aller seiner Kunst und Macht verjagt und zunichte macht?
Es muß freilich mehr als ein Hunderttausendkünstler sein. Und wir sollten solche
Macht, Nutzen, Kraft und Frucht so leichtfertig verachten, vor allem die, die wir
Pfarrherrn und Prediger sein wollen? Dann sollte man uns nicht allein nicht zu fres-
sen geben, sondern uns mit Hunden hetzen und mit Roßäpfeln vertreiben, weil wir
dieses alles nicht nur täglich brauchen wie das tägliche Brot, sondern auch täglich
haben müssen wider das tägliche und ruhelose Anfechten und Lauern des tausend-
künstigen Teufels.
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Und wenn dieses nicht genug wäre als Ermahnung, den Katechismus täglich zu lesen,
so sollte uns doch allein Gottes Gebot genügend zwingen, der in Deutero[nomium] 6
ernstlich verlangt, daß man sein Gebot sitzend, gehend, stehend, liegend, aufstehend
immer bedenken und gleichsam als ein ständiges Mal und Zeichen vor Augen und in
Händen haben solle (5. Mose 6, 7–9). Ohne Zweifel wird er solches nicht umsonst so
ernsthaft verlangen und fordern. Sondern weil er unsre Gefahr und Not kennt, dazu
das stetige und wütende Stürmen und die Anfechtung der Teufel, will er uns davor
warnen, rüsten und bewahren wie durch einen guten Harnisch gegen ihre „feurigen
Pfeile“ (Eph 6, 16) und durch gute Arznei gegen ihre giftige böse Ansteckung und
Eingebung. O, welch tolle, unsinnige Narren sind wir, daß wir unter solchen mächti-
gen Feinden, wie es die Teufel sind, wohnen oder Herberge nehmen müssen, und
wollen obendrein unsere Waffen und Schutzschilde verachten und zu faul sein, die-
selben anzusehen oder an sie zu denken.
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Und was tun solche überdrüssigen, vermessenen Heiligen, die den Katechismus nicht
täglich lesen und lernen wollen, denn anderes als daß sie sich selbst für viel gelehrter
halten, als es Gott selbst ist mit allen seinen heiligen Engeln, Propheten, Aposteln und
allen Christen? Wenn denn Gott selbst sich nicht schämt, solches täglich zu lehren als
einer, der nichts Besseres zu lehren weiß und immer dieses lehrt und nichts Neues
oder anderes nimmt, und alle Heiligen weder Besseres noch etwas anderes zu lernen
wissen und es nicht auslernen können, sind wir dann nicht die allerfeinsten Gesellen,
die wir uns einbilden, wenn wir’s einmal gelesen und gehört haben, daß wir alles
kennen und nicht mehr zu lesen und zu lernen brauchen? Und können wir das in einer
Stunde auslernen, was Gott selbst nicht auslehren kann, da er doch daran lehret von
27 Gestalt der deutschen Heldensage.