Der Große Katechismus
50
30
Obwohl aber diese Worte sich auf alle Gebote beziehen (wie wir hernach hören wer-
de
), so sind sie doch eben zu diesem Hauptgebot gesetzt, weil daran am meisten
liegt, daß ein Mensch ein rechtes Haupt hat; denn wo das Haupt richtig geht, da muß
auch das ganze Leben richtig gehen und umgekehrt. So lerne nun aus diesen Worten,
wie zornig Gott über die ist, die sich auf irgend etwas außer ihm verlassen, wieder-
um, wie gütig und gnädig er denen ist, die ihm allein von ganzem Herzen trauen und
glauben. Daß also der Zorn nicht abläßt bis ins vierte Geschlecht oder Glied, dagegen
die Wohltat oder Güte über viele tausend geht. Damit man nicht so selbstsicher hin-
geht und sich dem Glücksfall überläßt wie die rohen Herzen, die denken, darauf
komme es nicht so sehr an. Er ist ein solcher Gott, der es nicht ungerächt läßt, daß
man sich von ihm wendet, und nicht aufhört zu zürnen bis ins vierte Glied, bis sie
ganz und gar ausgerottet werden. Darum will er gefürchtet und nicht verachtet sein.
31
Das hat er auch bewiesen in allen Historien und Geschichten, wie uns die Schrift
reichlich zeigt und noch tägliche Erfahrung uns lehren kann. Denn er hat alle Abgöt-
terei von Anfang an ganz ausgerottet und um ihretwillen beide, Heiden und Juden,
wie er auch heutzutage allen falschen Gottesdienst stürzt, so daß schließlich alle, die
darin bleiben, untergehen müssen. Darum, auch wenn man jetzt stolze, gewaltige und
reiche Wänste findet, die auf ihren Mammon trotzen, ohne zu fragen, ob Gott zürnt
oder lacht, die sich also trauen, seinen Zorn auszustehen, so werden sie es doch nicht
zu Ende führen können, sondern, ehe man sich’s versieht, scheitern mit allem, worauf
sie vertraut haben, wie alle anderen untergegangen sind, die sich wohl für noch siche-
rer und mächtiger hielten.
32
Und eben um solcher harten Köpfe willen, die meinen, weil er zusieht und sie sicher
sitzen läßt, wisse er nichts davon oder nehme sich dessen nicht an, muß er so drein-
schlagen und strafen, daß er’s nicht vergessen kann bis auf ihre Kindeskinder, damit
sich jeder daran stoße und sehe, daß es ihm kein Scherz ist. Denn diese sind’s auch,
die er meint, wenn er spricht: „die mich hassen“, das heißt die, die auf ihrem Trotz
und Stolz beharren. Was man ihnen predigt oder sagt, wollen sie nicht hören. Straft
man sie, damit sie sich erkennen und bessern, ehe die Strafe beginnt, so werden sie
toll und töricht, auf daß sie den Zorn redlich verdienen, wie wir auch jetzt an Bischö-
fen und Fürsten täglich erfahren.
33
Wie schrecklich aber auch diese Drohworte sind, so viel mächtiger ist der Trost in der
Verheißung, daß die, die sich allein an Gott halten, gewiß sein dürfen, daß er Barm-
herzigkeit an ihnen erweisen will, das heißt lauter Gutes und Wohltaten, nicht allein
für sie, sondern auch an ihren Kindern bis ins tausendste und abermals tausendste
Geschlecht. Solches sollte uns ja bewegen und treiben, herzlich auf Gott zu vertrauen
mit aller Zuversicht, wenn wir alles zeitlich und ewig Gute haben wollen, weil die
hohe Majestät solch Entgegenkommen zeigt, so herzlich anreizt und so reichlich ver-
heißt.
46 Vgl Nr. 135–140; s. u. S. 85-87.