Die Bekenntnisschriften - page 273

Die Schmalkaldischen Artikel
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auf ihre eigenen Werke verfielen und abgöttisch würden, was das Ärgste daran ist?
Abgesehen davon, daß es ein unnötiges, nicht gebotenes, nicht geratenes und unge-
wisses, dazu schädliches Ding ist. Darum gibt es auch hier kein Weichen oder
Nachgeben usw. Und man lasse predigen, daß es nicht notwendig und dazu gefährlich
ist; danach wird man sehen, ob Wallfahrten erhalten bleiben.
Viertens die Bruderschaften
, durch die sich die Klöster, Stifte und Altaristen –
durch feste Verträge und Kauf bestätigt – alle Messen, guten Werke usw. für Lebende
und Tote einander verschrieben und mitgeteilt haben. Das ist nicht nur reiner
Menschenwahn ohne Gottes Wort, ganz und gar nicht notwendig und nicht geboten,
sondern auch wider den ersten Artikel der Erlösung und deshalb keineswegs zu
dulden.
Fünftens die Reliquien
, in denen so viele offenkundige Lügen und Narrenwerk von
Hunds- und Pferdeknochen gefunden wurden, daß auch um dieser Schandtaten
willen, über die der Teufel gelacht hat, sie längst sollten verdammt worden sein,
selbst wenn etwas Gutes daran wäre. Außerdem sind sie auch ohne Gottes Wort
weder geboten noch geraten, ganz und gar nicht notwendige und nutzlose Dinge.
Aber das Ärgste ist, daß dies auch Ablässe und Vergebung der Sünden hat bewirken
müssen als ein gutes Werk und als Gottesdienst, wie die Messe usw.
Sechstens:
Hier gehört der liebe
Ablaß
her, der den Lebenden und den Toten – und
zwar für Geld – gegeben worden ist. In ihm hat der abscheuliche Judas oder Papst die
Verdienste Christi samt den überschüssigen Verdiensten aller Heiligen und der
ganzen Kirche verkauft usw. Das alles ist nicht zu dulden. Es ist auch nicht nur ohne
Gottes Wort, ohne Notwendigkeit und ungeboten, sondern auch dem ersten Artikel
zuwider. Denn das Verdienst Christi wird nicht durch unsere Werke oder Pfennige,
sondern durch den Glauben aus Gnade ohne jedes Geld und Verdienst erlangt und
nicht durch die Gewalt des Papstes, sondern durch die Predigt bzw. Gottes Wort
dargeboten.
Das Anrufen der Heiligen
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Das Anrufen der Heiligen ist auch einer der antichristlichen Mißbräuche. Es streitet
wider den ersten Hauptartikel und tilgt das richtige Wissen über Christus. Es ist auch
weder geboten noch geraten, hat auch kein Vorbild in der Heiligen Schrift. Und wir
haben es alles tausendmal besser an Christus, wenn jenes gleich ein köstliches Gut
wäre, was es doch nicht ist.
Und obwohl die Engel im Himmel für uns bitten – wie es Christus selbst auch tut –
und daher auch die Heiligen auf Erden oder vielleicht auch im Himmel, folgt daraus
nicht, daß wir die Engel und Heiligen anrufen, anbeten, für sie fasten, sie verehren,
ihnen Messe halten, opfern, Kirchen, Altäre oder Gottesdienste stiften und noch auf
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