Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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den ziert. Dies trägt auch sehr viel zur Bewahrung des Friedens bei. Ferner: Würde
man alle Ärgernisse zusammennehmen, so enthalten doch diese zwei Grundsätze
allein – nämlich, daß wir umsonst die Sündenvergebung empfangen um Christi willen
durch den Glauben und für gerecht erklärt werden um Christi willen durch den
Glauben, nicht wegen unserer Gesetzeserfüllung, und zweitens, daß die Obrigkeiten,
die Gesetze und das ganze Staatswesen göttliche Ordnungen sind, die der Christ
unsträflich in Anspruch nehmen kann – so viel Gutes, daß sie alles Nachteilige über-
decken. Denn die angstvollen Gewissen können keinen starken Trost dem Zorne
Gottes gegenüber haben, wenn sie nicht den ersten Grundsatz kennen. Der zweite
Grundsatz festigt sehr den Frieden in den Staaten.
Ferner weiß jeder, durch welch verderbliche Meinungen vor diesen Zeiten beide
Lehren unterdrückt worden sind. Auch die Schriften der Gegner bezeugen das, die
nirgends den Glauben erwähnen, wenn sie von der Sündenvergebung sprechen. Nir-
gends lehren sie von der Würde der weltlichen Dinge. Nirgends lehren sie, wie das
Evangelium die ewige Gerechtigkeit bringt [und] dabei im leiblichen Leben will, daß
wir von den staatlichen Gesetzen und Sitten Gebrauch machen. Als dies bekannt
gemacht wurde, hat es Luther zu Anfang Sympathien eingetragen, nicht nur bei uns,
sondern auch bei vielen, die uns jetzt auf grausamste Weise bekämpfen. „Die alte
Gunst schläft nämlich ein, vergeßlich sind die Sterblichen“, sagt Pindar.
Wenn es
schon Aufruhr gegeben hat, so kann die Schuld [dafür] mit Recht den Gegnern zu-
gewiesen werden, die zuerst durch die ungerechte Verdammung Luthers eine Spal-
tung hervorriefen und die Kirchen entzweiten. Und jetzt verüben sie außerordentli-
che Grausamkeiten gegen gute und fromme Dinge lehrende Männer. Sie erbittern den
Geist der Menschen auch auf andere Weisen, die man hier besser nicht erzählt. Wir
sind aber nicht so hartgesotten, so ohne Empfindung, daß uns die öffentlichen
Angriffe nicht beunruhigten. Aber wir denken daran, daß Christus gesagt hat: „Selig
ist, wer sich nicht an mir ärgert!“ (Mt 11, 6). Denn der Teufel betreibt dies, bald um
das Evangelium zu unterdrücken, bald um es auf vielfache Weise zu entstellen. Dort
stachelt er Tyrannen gegen die Bekenner des Evangeliums auf, dort entfesselt er
Kriege, Aufstände, dort Irrlehren, um diese Lehrweise verhaßt zu machen, weil sie
den Anlaß zu solchen Unruhen zu geben scheint. Und wirklich ist es für besonnene
Männer leichter, ihre eigenen Gefährdungen außer acht zu lassen als jene Ärgernis-
se öffentlicher Unruhen. [CR 645] Aber auch gegen diese Dinge muß der christliche
Sinn gewappnet sein, damit er nicht ihretwegen das Wort Gottes verwirft.
Obwohl uns aber der Vergleich keine Freude macht, dürfen dennoch, weil die Gegner
uns durch diese Beschuldigung belasten, ihre eigenen Fehler nicht verschwiegen wer-
den. Wieviel Böses liegt bei den Gegnern in der frevelhaften Entweihung der Messen!
Wieviel Schändlichkeit haftet ihrem Zölibat an! Der Heiligenkult ist bei ihnen voll of-
fenkundigen Götzendienstes. Nichts als Ärgernis liegt in dem ehrsüchtigen Streben der
Päpste, die schon mehr als vierhundert Jahre mit unseren Kaisern Kriege führen, mei-
stens in Italien, manchmal aber auch in Deutschland selbst, wo Sohn und Vater, Ver-
229 Pindar, Isthmia, Ode 7, 23 f.