Der Große Katechismus
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Dazu darf dich nun niemand mit Geboten drängen, sondern wir sagen so: Wer ein
Christ ist oder gerne sein wollte, der hat hier einen treuen Rat, damit er hingehe und
den köstlichen Schatz hole. Bist du kein Christ oder begehrst du solchen Trost nicht,
so lassen wir dich von einem anderen zwingen. Damit heben wir nun die Tyrannei des
Papstes, sein Gebot und seinen Zwang allzumal auf, da wir sie zu nichts gebrauchen
können; denn wir lehren (wie gesagt) so: Wer nicht willig und um der Absolution
willen zur Beichte geht, der lasse es nur bleiben. Ja, wer auch auf sein Werk hingeht,
wie rein er seine Beichte getan habe, der bleibe nur weg davon. Wir ermahnen aber:
Du sollst beichten und deine Not anzeigen, nicht um damit ein Werk zu tun, sondern
um zu hören, was dir Gott sagen läßt. Dieses Wort, sage ich, oder die Absolution
sollst du ansehen, groß und teuer achten als einen vortrefflichen, großen Schatz, der
mit allen Ehren und Dank anzunehmen ist.
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Wenn man solches hervorhebt und daneben die Not anzeigt, die uns dazu bewegen
und anreizen sollte, brauchte man nicht viel zu nötigen oder zu zwingen. Sein eigenes
Gewissen würde einen jeden wohl antreiben und so bange machen, daß er über dieses
froh würde und sich verhielte wie ein armer, elender Bettler, wenn er hört, daß man
an einem Ort eine reiche Spende, Geld oder Kleider austeilt: Da brauchte man keinen
Büttel, der ihn antriebe und schlüge. Er würde wohl selbst laufen, was er aus Leibes-
kräften laufen könnte, um es nicht zu versäumen. Wenn man nun ein Gebot daraus
machte, daß alle Bettler dahin laufen sollten, und nichts weiter, und verschwiege also,
was man da suchen und holen sollte, was wäre das anders, als daß man mit Unlust
hinginge. Man dächte nicht daran, etwas zu holen, sondern daß man sich sehen lassen
müßte, wie arm und elend man als Bettler sei. Daraus würde man nicht viel Freude
oder Trost schöpfen, sondern nur dem Gebot desto feindlicher werden.
Eben so haben bisher die Prediger des Papstes von diesem vortrefflichen, reichen
Almosen und unaussprechlichen Schatz geschwiegen und [die Leute] nur im Haufen
hingetrieben, nur dazu, daß man sähe, was wir für unreine und unflätige Leute wären.
Wer konnte da gern zur Beichte gehen? Wir aber sagen nicht, daß man sehen soll, wie
voll mit Dreck du bist, und sich darin spiegeln, sondern raten und sagen: Bist du arm
und elend, so gehe hin und gebrauche die heilsame Arznei. Wer nun sein Elend und
seine Not fühlt, wird wohl solch Verlangen danach kriegen, daß er mit Freuden hin-
läuft. Die, die es aber nicht achten und nicht von selbst kommen, die lassen wir auch
fahren. Das sollen sie aber wissen, daß wir sie nicht für Christen halten.
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So lehren wir nun, was für eine vortreffliche, köstliche und tröstliche Sache es um die
Beichte ist, und ermahnen dazu, daß man solch teures Gut nicht verachte in Anbe-
tracht unserer großen Not. Bist du nun ein Christ, so brauchst du weder meinen
Zwang noch das Gebot des Papstes in irgendeinem Punkt, sondern wirst dich wohl
selbst zwingen und mich darum bitten, daß du dessen teilhaftig wirst. Willst du es
aber verachten und so stolz ungebeichtet hingehen, so schließen wir mit dem Urteil,
daß du kein Christ bist und auch das Sakrament nicht genießen sollst. Denn du ver-
achtest, was kein Christ verachten soll, und erreichst damit, daß du keine Vergebung