Die Bekenntnisschriften - page 415

Der Große Katechismus
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zu verachten. Nun ist es wahr, daß wir gesagt haben, man solle beileibe niemand treiben
oder zwingen, um nicht wieder eine neue Seelenmörderei anzurichten. Aber das soll
man dennoch wissen, daß solche Leute nicht für Christen zu halten sind, die sich so
lange vom Sakrament fernhalten und sich ihm entziehen. Denn Christus hat es nicht
dafür eingesetzt, daß man es wie ein Schauspiel behandle, sondern hat seinen Christen
geboten, daß sie es essen und trinken und dabei seiner gedenken.
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Und fürwahr, die, die rechte Christen sind und das Sakrament teuer und wert halten,
sollten sich wohl selbst antreiben und hinzudrängen. Doch damit die Einfachen und
Schwachen, die auch gerne Christen wären, desto mehr angeregt werden, die Ursache
und Not zu bedenken, die sie antreiben sollte, wollen wir ein wenig davon reden. Denn
wie es in anderen Sachen, was den Glauben, die Liebe und Geduld betrifft, nicht genug
ist, nur zu lehren und zu unterrichten, sondern man auch täglich dazu auffordern muß,
so ist es auch hier nötig, ständig zu predigen, daß man nicht lasch noch verdrossen wer-
de, weil wir wissen und fühlen, wie der Teufel sich immer gegen solches und alles
christliche Wesen sperrt und, soviel er kann, [die Leute] davon weg hetzt und treibt.
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Und zum ersten haben wir den klaren Text in den Worten Christi: „DAS TUT zu
meinem Gedächtnis.“ Das sind Worte, die uns auffordern und befehlen. Durch sie
wird denen, die Christen sein wollen, auferlegt, das Sakrament zu genießen. Darum:
Wer Christi Jünger sein will, mit denen er hier redet, der denke so und halte sich auch
daran, nicht aus Zwang, von Menschen gedrängt, sondern um dem Herrn Christus zu
gehorchen und zu gefallen. Sagst du aber: Es steht doch dabei: „sooft ihr’s tut“; da
zwingt er doch niemanden, sondern überläßt es der freien Willkür. Antwort: Das ist
wahr. Es steht aber nicht da, daß man es gar nicht tun soll. Ja, gerade weil er die Wor-
te spricht: „sooft ihr’s tut“, ist damit verbunden, daß man es oft tun soll. Und es ist
darum hinzugesetzt, weil er das Sakrament frei haben will, nicht gebunden an be-
stimmte Zeiten wie das Osterlamm der Juden, das sie jedes Jahr nur einmal, und zwar
gerade auf den vierzehnten Tag des ersten vollen Mondes abends essen müssen und
keinen Tag überschreiten dürfen. Als ob er damit sagen wollte: „Ich setze euch ein
Osterfest oder Abendmahl, das ihr nicht gerade nur diesen Abend des Jahres einmal,
sondern oft genießen sollt, wann und wo ihr wollt, wie es jedem gelegen und nötig ist,
an keinen Ort oder bestimmte Zeit gebunden“; obwohl der Papst dies später umge-
kehrt und wieder ein Judenfest daraus gemacht hat.
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Also siehst du, daß uns Freiheit nicht so gelassen ist, als könnte man es verachten.
Denn das nenne ich verachten, wenn man so lange Zeit vergehen läßt und, von kei-
nem Hindernis abgehalten, es doch nie begehrt. Willst du solche Freiheit haben, so
nimm dir doch lieber gleich die Freiheit, kein Christ zu sein und nicht glauben und
beten zu müssen. Denn das ist genauso Christi Gebot wie jenes. Willst du aber ein
Christ sein, so mußt du von Zeit zu Zeit diesem Gebot nachkommen und ihm gehor-
chen. Denn solches Gebot sollte dich dazu bringen, in dich zu gehen und zu denken:
„Sieh, was bin ich für ein Christ? Wäre ich es, dann würde ich mich doch ein wenig
sehnen nach dem, was mein Herr befohlen hat zu tun.“ Und fürwahr, weil wir uns so
ablehnend dazu stellen, spürt man gut, was für Christen wir unter dem Papsttum ge-
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