Die Bekenntnisschriften - page 418

Der Große Katechismus
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Also hast du von Gottes wegen sowohl des Herrn Christi Gebot als auch die Verhei-
ßung. Zudem soll dich um deinetwillen deine eigene Not treiben, die dir auf dem Hals
liegt, derentwegen solches Gebieten, Locken und Verheißen geschieht. Denn er
spricht selbst: „Die Starken bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken“
(Mt 9, 12), das heißt, die mühselig und beladen sind mit Sünde, Todesfurcht, Anfech-
tung des Fleisches und des Teufels. Bist du nun beladen und fühlst deine Schwach-
heit, so geh fröhlich hin und laß dich erquicken, trösten und stärken. Denn wenn du
warten willst, bis du solches los wirst, um rein und würdig zum Sakrament zu kom-
men, so mußt du ewig davon fern bleiben. Denn da fällt er das Urteil und spricht:
„Bist du rein und fromm, so brauchst du von mir nichts und ich von dir auch nichts.“
Darum heißen nur die unwürdig, die ihre Gebrechen nicht fühlen und nicht Sünder
sein wollen.
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Sprichst du aber: „Wie soll ich mir denn helfen, wenn ich weder solche Not fühlen
noch Hunger und Durst zum Sakrament empfinden kann?“ Antwort: Denen, die so
gestimmt sind, daß sie sich nicht so fühlen, weiß ich keinen besseren Rat, als daß sie
doch in ihre Brust greifen, ob sie auch Fleisch und Blut haben. Wo du dann solches
findest, so gehe doch, um dir Gutes zu tun, in den Brief des Sankt Paulus an die Gala-
ter und höre, was dein Fleisch für ein Früchtlein ist: „Offenbar sind aber (spricht er)
die Werke des Fleisches, als da sind Ehebruch, Hurerei, Unreinigkeit, Unzucht, Ab-
götterei, Zauberei, Feindschaft, Hader, Neid, Zorn, Zank, Zwietracht, Sekten, Haß,
Mord, Saufen, Fressen und dergleichen“ (Gal 5, 19 f.). Deshalb: Kannst du es nicht
fühlen, so glaube doch der Schrift. Die wird dich nicht belügen, weil sie dein Fleisch
besser kennt als du selbst. Ja, weiter zieht Sankt Paulus in Römer 7 (v. 18) den
Schluß: „Denn ich weiß, daß in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes
wohnt.“ Muß Sankt Paulus solches von seinem Fleisch sagen, so wollen wir auch
nicht besser oder heiliger sein. Daß wir es aber nicht fühlen, ist desto schlimmer.
Denn es ist ein Zeichen dafür, daß es aussätziges Fleisch ist, das nichts empfindet und
doch wütet und um sich frißt. Doch, wie gesagt, bist du so ganz erstorben, so glaube
doch der Schrift, die das Urteil über dich spricht. Und alles in allem, je weniger du
deine Sünde und Gebrechen fühlst, desto mehr Ursache hast du hinzugehen, um Hilfe
und Arznei zu suchen.
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Zum zweiten: Sieh dich um, ob du auch in der Welt bist, oder, wenn du’s nicht weißt,
frage deinen Nachbarn danach. Bist du in der Welt, so denke nicht, daß es an Sünden
und Not fehlen werde. Denn fang nur an und stelle dich, als wolltest du fromm wer-
den und beim Evangelium bleiben, und sieh zu, ob dir niemand feind wird, dazu Leid,
Unrecht und Gewalt antut und dir auch Ursache zu Sünden und Untugend gibt. Hast
du es nicht erfahren, so laß dir’s durch die Schrift sagen, die der Welt allenthalben ein
solches Lob und Zeugnis gibt.
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Darüber hinaus wirst du auch den Teufel um dich haben, welchen du nicht ganz wirst
unter dich treten, weil unser Herr Christus selbst ihm nicht aus dem Wege gehen
konnte. Was ist nun der Teufel? Nichts anderes als, wie ihn die Schrift (Joh 8, 44)
nennt, ein Lügner und Mörder: Ein Lügner, um das Herz zu verführen weg von Got-
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