Die Bekenntnisschriften - page 467

Bekenntnis des Glaubens
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schieht ohne die Vorsehung Gottes, beten wir in Demut die Geheimnisse an, die uns
verborgen sind, ohne sie über unser Maß hinaus zu erforschen (Röm 1, 19 f.; 11, 33).
Aber um so mehr wenden wir zu unserem Nutzen an, was uns in der Heiligen Schrift
gesagt ist, um in Ruhe und Sicherheit zu sein, weil Gott, dem alle Dinge unterworfen
sind, über uns wacht mit väterlicher Sorge so, daß nicht ein Haar von unserem Haupt
fällt ohne seinen Willen (Mt 10, 30; Lk 21, 18); und inzwischen hält er die Teufel und
alle unsere Feinde im Zaum (Hi 1, 12; 1. Mose 3, 15), so daß sie uns keinen Schaden
zufügen können ohne seine Erlaubnis.
9. Wir glauben, daß der Mensch, der rein und vollkommen und nach dem Ebenbilde
Gottes geschaffen war (1. Mose 1, 26; Pred 7, 30), durch seine eigene Schuld aus der
Gnade, die er empfangen hatte, gefallen ist (Röm 5, 12). Und so hat er sich Gott ent-
fremdet, der die Quelle der Gerechtigkeit und alles Guten ist, so daß seine Natur gänz-
lich zerrüttet ist und er, blind in seinem Geist und verderbt in seinem Herzen, alle
Rechtschaffenheit verloren hat, ohne einen Rest zu bewahren (1. Mose 6, 5). Und ob-
wohl es da noch etwas an Unterscheidung von Gut und Böse geben mag, sagen wir
dessenungeachtet, daß das, was er an Licht besitzt, sich in Finsternis wandelt, sobald
es darum geht, Gott zu suchen, so daß er sich ihm keineswegs durch seine Einsicht
und Vernunft nähern kann (Joh 1, 4 f.; 8, 36; Röm 8, 6 f.; 1. Mose 8, 21; Röm 5, 12;
Hi 14, 4). Und obwohl er Willen haben mag, der ihn antreibt, dies oder jenes zu tun,
so ist dieser doch gänzlich gefangen unter die Sünde, so daß er keine Freiheit zum
Guten hat außer der, die Gott ihm gibt.
10. Wir glauben, daß die gesamte Nachkommenschaft Adams von dieser Seuche ange-
steckt ist, welche die Erbsünde und ein erbliches Gebrechen ist (Joh 1, 4 f.; 8, 36; Röm
8, 6 f.; 1. Mose 8, 21; Röm 5, 12; Hi 14, 4) und nicht bloß eine Nachahmung, wie die
Pelagiane
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haben behaupten wollen, die wir in ihren Irrtümern verabscheuen. Und
wir halten es nicht für nötig, danach zu fragen, wie die Sünde von einem Menschen
zum anderen gelangt, angesichts dessen, daß es genug ist, daß das, was Gott ihm ge-
geben hatte, nicht für ihn allein bestimmt war, sondern für seine gesamte Nachkom-
menschaft, und wir somit in seiner Person aller Güter beraubt und ganz in Mangel und
Fluch gestürzt sind.
11. Wir glauben auch, daß dieses Gebrechen wahrhaft Sünde ist, die hinreicht, das
ganze menschliche Geschlecht zu verdammen bis hin zu den kleinen Kindern von
Mutterleib an (Ps 51, 7; Röm 3, 9–12; 5, 12), und daß es vor Gott dafür geachtet wird,
ja daß es nach der Taufe wirklich Sünde ist, was die Schuld betrifft, obwohl die Ver-
dammnis von den Kindern Gottes hinweggenommen ist, indem er sie ihnen nach sei-
ner freien Gnade nicht zurechnet (Röm 7, 4–6). Darüber hinaus ist es eine Verderbt-
heit, die immer Früchte der Bosheit und des Aufruhrs hervorbringt, so daß selbst die
Heiligsten, obwohl sie dem Widerstand leisten, nicht aufhören, mit Schwachheiten
und Fehlern befleckt zu sein, solange sie auf dieser Welt wohnen (Röm 7, 7.18 f.).
6 Anhänger des ca. 400 in Rom wirkenden Mönches Pelagius, der den freien Willen und das Vermögen des Men-
schen zum Guten wie zum Bösen vertrat und die Lehre von der Erbsünde ablehnte.
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