Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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Tränen erkennt man die Reue. Später hört sie die Absolution: „Dir sind die Sünden
vergeben. Dein Glaube hat dir geholfen; gehe hin in Frieden“ (Lk 7, 48.50). Das ist
der andere Teil der Buße: der Glaube, der sie aufrichtet und tröstet. Aus all dem wird
den frommen Lesern deutlich, daß wir bei der Buße die Teile anführen, die die we-
sentlichen sind bei der Bekehrung oder Wiedergeburt und der Vergebung der Sünde.
Würdige Früchte und Strafen folgen auf die Wiedergeburt und die Vergebung der
Sünde. Und wir haben deshalb diese beiden Teile gesetzt, damit der Glaube besser in
den Blick kommt, den wir bei der Buße fordern. Auch kann man besser verstehen,
was für ein Glaube das ist, den das Evangelium predigt, wenn er der Reue und der
Tötung entgegengesetzt wird.
[Bernhard von Clairvaux: Glaube als Vertrauen auf Gottes aufrichtende Barmher-
zigkeit]
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Und damit die ganze Welt sieht, wie groß die Unkenntnis der echten Frömmigkeit bei
unseren Kritikern, die die Konfutation verfaßt haben, ist, fügen wir auch die Mei-
nung Bernhards [von Clairvaux] hinzu, der die beiden Teile der Buße, Reue und
Glauben, ganz auf die gleiche Weise verbindet, [CR 546] wie wir sie verbinden. Sei-
ne Worte in der „Dritten Predigt über die Verkündigung“ sind folgende: „Tu mir
früh deine Barmherzigkeit kund, weil ich auf dich gehofft habe, Herr. Allein die
Hoffnung auf das Erbarmen behauptet in Wahrheit bei dir den Platz, auch nicht das
Öl der Barmherzigkeit, wenn du es nicht in das Gefäß des Vertrauens füllst. Aber es
ist ein falsches ‚Vertrauen‘ (eines, das eigentlich nur für eine Verfluchung taugt),
wenn wir nämlich an der Hoffnung sündigen. Doch darf auch jenes nicht ein ‚Ver-
trauen‘ genannt werden, sondern eine gewisse ‚Empfindungslosigkeit‘ und eine ver-
derbliche ‚Verstellung‘. Denn welches Vertrauen besitzt der, der nicht aufmerksam
auf die Gefahr achtet? Oder welches Heilmittel für die Furcht gibt es dort, wo weder
die Furcht wahrgenommen wird noch auch der Inhalt der Furcht? Das Vertrauen ist
der Trost – doch bedarf der nicht des Trostes, der sich, wenn er Böses getan hat, freut
und über die schlimmsten Dinge noch mehr jubelt. Wir bitten deshalb die Brüder, es
möge uns gesagt werden, welche Ungerechtigkeiten und Sünden wir haben; wir
wünschen, daß uns unsere Verbrechen und Vergehen gezeigt werden. Wir wollen
unsere Wege erforschen und unsere Bemühungen und allgemeinen Gefährdungen in
wachsamer Aufmerksamkeit bedenken. Ein jeder soll in seiner Furcht sprechen: ‚Nun
muß ich zu des Totenreiches Pforten fahren‘ (Jes 38, 10), damit wir uns dann an der
alleinigen Barmherzigkeit Gottes erholen. Dies ist das echte Vertrauen eines Men-
schen, der von sich selbst abläßt und sich auf seinen Herrn stützt. Dies, sage ich, ist
das echte Vertrauen, dem, wie der Prophet bezeugt, die Barmherzigkeit nicht ver-
wehrt wird: ‚Der Herr hat Wohlgefallen an denen, die ihn fürchten und auf seine
Barmherzigkeit hoffen‘ (Spr 11, 20 [?]; Ps 149, 4 [?]). Und sie [d. h. die Barmher-
zigkeit] ist nicht klein; sie reicht für uns durchaus aus; in uns liegt gewiß die Ursa-