Die Bekenntnisschriften - page 156

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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gute Regung des Empfangenden; vom Glauben, der die Absolution ergreift und das
Gewissen tröstet, verlautet kein Wort. Das ist wirklich das, was man gewöhnlich „vor
den Mysterien ausweichen“
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nennt.
[(3) Genugtuung]
Bleibt noch der dritte Akt: die „Genugtuungen“. Hier aber gibt es äußerst verworrene
Debatten. Sie behaupten, die ewigen Strafen würden in Fegfeuerstrafen umgewan-
delt; ein Teil davon werde durch die Schlüsselgewalt erlassen; der andere Teil, so
lehren sie, sei durch Genugtuungen abzugelten. Weiter fügen sie hinzu: Genugtuun-
gen müßten „überschüssige Werke“ sein, und als solche führen sie völlig törichte
Auflagen wie Wallfahrten, Rosenkränze und ähnliche Übungen auf, die Gott nicht
geboten hat. Ferner: Wie sie das Fegfeuer durch Genugtuungen abgelten, so wurde
auch ein Weg zur Ablösung der Genugtuungen ausgeklügelt, ein höchst gewinnbrin-
gender. Sie verkaufen nämlich Ablässe, die sie zu einem Erlaß für die Genugtuungen
erklären. Und dieser Gewinn [kommt] nicht nur von den Lebenden, sondern noch viel
mehr von den Toten. Aber nicht nur durch Ablässe, sondern auch durch das Meßop-
fer gelten sie die Genugtuungen der Toten ab. Zuletzt ist die Sache mit den Genugtu-
ungen ein Faß ohne Boden. Unter diesen Ärgernissen (wir können nicht alle aufzäh-
len) und Teufelslehren liegt die Lehre von der Gerechtigkeit des Glaubens an Chri-
stus und der Wohltat Christi verschüttet. Daher begreifen alle tüchtigen Leute, daß es
hilfreich und gottgefällig war, die Bußlehre der Sophisten und Kanonisten [CR 540]
zurückzuweisen. Denn diese [folgenden] Sätze sind offensichtlich falsch und weder
mit der Heiligen Schrift noch auch mit den Kirchenvätern vereinbar:
[Irrtümer der römischen Bußlehre]
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[256] I. Daß wir durch gute Werke, die ohne Gnade getan worden sind, dank gött-
licher Verfügung die Gnade verdienen.
II. Daß wir durch die Anfangsreue die Gnade verdienen.
III. Daß zur Aufhebung der Sünde schon die Verwünschung des Vergehens aus-
reicht.
IV. Daß wir um der wahren Reue, nicht um des Glaubens an Christus willen die
Sündenvergebung erlangen.
V. Daß sich die Schlüsselgewalt nicht auf die Vergebung der Sünden gegen Gott,
sondern gegenüber der Kirche bezieht.
VI. Daß durch die Schlüsselgewalt keine Sünden vor Gott vergeben werden, son-
dern daß diese eingesetzt ist, um ewige Strafen in zeitliche zu verwandeln, den
Gewissen bestimmte Genugtuungen aufzuerlegen, neue Kulte einzurichten und
die Gewissen auf solche Genugtuungen und Kulte zu verpflichten.
88 Wie die Katechumenen der Alten Kirche vor der ihnen noch nicht zugänglichen Eucharistie. „Mysterien“ bedeu-
tet im griechischen Zitat: Sakramente.
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