Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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Und dazu muß man hier wissen, daß dieser Glaube glauben muß, daß uns Gott um-
sonst um Christi willen verzeiht, seiner Verheißung wegen, nicht wegen unserer
Werke, der Reue, der Beichte,
der Genugtuung oder der Liebe.
Denn wenn der Glau-
be sich auf diese Werke gründet, wird er sofort ungewiß, weil das angstvolle Gewis-
sen sieht, daß diese Werke unwürdig sind. Deshalb sagt Ambrosius sehr deutlich von
der Buße: „Also kommt es uns zu, zu glauben, daß sowohl Buße getan als auch Gna-
de gewährt werden muß, damit wir Verzeihung gleichsam aus Glauben erhoffen, so
wie der Glaube sie aus einer Handschrift erlangt.“
Ebenso: „Es ist der Glaube, der
unsere Sünden bedeckt.“
Es gibt also bei den Vätern nicht nur Sprüche über die
Reue und die Werke, sondern auch über den Glauben. Aber weil die Gegner weder
das Wesen der Buße noch die Rede der Väter verstehen, greifen sie nur Worte über
einen Teil der Buße heraus, nämlich über die Werke. Was anderswo vom Glauben
gesagt wird, übergehen sie, weil sie es nicht
verstehen.
Über die Beichte und die Genugtuung
[Beichte vor Gott (= Reue) und vor den Menschen. Altkirchliche Bußpraxis]
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Tüchtige Männer können leicht beurteilen, wie sehr es darauf ankommt, daß im Blick
auf die oben genannten Teile [der Buße], nämlich Reue und Glauben, die richtige
Lehre bewahrt wird. Deshalb haben wir uns immer mehr darum bemüht, dies ans
Licht zu bringen. Über die Beichte und die Genugtuungen haben wir nicht besonders
gestritten. Denn auch wir behalten die Beichte bei, vor allem wegen der Absolution,
die das Wort Gottes ist, das den einzelnen Menschen kraft göttlicher Autorität die
Schlüsselgewalt kundtut. Daher wäre es gottlos, die Einzelbeichte aus der Kirche zu
entfernen. [CR 554] Wenn irgendwelche Leute die Einzelbeichte verwerfen, so ver-
stehen sie weder, was die Vergebung der Sünden, noch auch, was die Schlüsselge-
walt ist. Im übrigen haben wir oben über die Aufzählung der Verfehlungen in der
Beichte gesagt,
daß wir urteilen, sie sei nach göttlichem Recht nicht notwendig.
[273] Denn was einige einwenden: Ein Richter müsse den Fall kennen, bevor er sein
Urteil fällt, trägt nichts zu dieser Sache bei,
weil die Absolution die Ausführung einer
fremden Wohltat ist; sie ist kein Urteilsspruch. Denn Christus hat das Gebot gege-
ben, Sünden zu vergeben; dieses Gebot führen die Diener aus. Sie haben kein Gebot,
verborgene [Sünden] aufzuspüren. Das läßt sich daraus erkennen, daß sie zahllose
Sünden vergeben, an die auch wir selbst, denen sie vergeben werden, uns nicht erin-
nern. Auch wäre, wenn die Vergebung von der Erkenntnis abhinge, die ganze Sache
ungewiß. Im übrigen gehört die Frage, welche Gerichtsgewalt die Kirche bei öffent-
lich bekannten Vergehen hat, nicht zur gegenwärtigen Debatte. Denn diese werden,
weil sie bekannt sind, auch namentlich angeklagt und danach namentlich vergeben,
wenn der Täter von der Kirche wieder aufgenommen werden will.
102 Ambrosius, Von der Buße, gegen die Novatianer, Buch 2, Kap. 9.
103 Ambrosius, Apologie des Propheten David, an Kaiser Theodosius, Kap. 13, 63.
104 S. o. Nr. 92