Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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Worte Bernhards stellen unsere Sache wunderbar ins Licht, weil er nicht nur fordert,
generell zu glauben, daß die Sünden durch die Barmherzigkeit vergeben werden,
sondern er verlangt, den besonderen Glauben hinzuzufügen, durch den wir glauben,
daß uns selbst die Sünden vergeben werden. Und er lehrt, wie wir der Vergebung der
Sünden gewiß werden, nämlich: wenn die Herzen durch den Glauben aufgerichtet
und durch den Heiligen Geist ruhig werden. Was verlangen die Gegner noch mehr?
Wagen sie etwa auch jetzt noch zu bestreiten, daß wir durch den Glauben die Sün-
denvergebung erlangen oder daß der Glaube ein Teil der Buße ist?
[Bußakte als „Verdienst“ machen das Gesetz statt des Evangeliums zum Heilsgrund]
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[267] Drittens behaupten die Gegner, daß die Sünde deshalb vergeben wird, weil der
anfangsweise oder völlig Bereuende einen Akt der Liebe zu Gott hervorruft;
wegen
dieses Aktes verdient er es, Vergebung der Sünden zu empfangen. Das ist nichts an-
deres, als das Gesetz zu lehren, nachdem man das Evangelium zerstört und die Ver-
heißung von Christus getilgt hat. Denn sie fordern nur das Gesetz und unsere Werke,
weil das Gesetz die Liebe verlangt. Außerdem lehren sie, darauf zu vertrauen, daß wir
die Sündenvergebung um der Reue und der Liebe willen erlangen. Was ist das
anderes, als das Vertrauen auf unsere Werke zu gründen, nicht auf das Wort und die
Verheißung Gottes über Christus? Denn wenn das Gesetz ausreicht, um Sündenver-
gebung zu erlangen, wozu ist dann das Evangelium nötig, wozu Christus, wenn wir
wegen unseres Werkes Sündenvergebung erlangen? Wir dagegen rufen die Gewissen
vom Gesetz fort zum Evangelium und vom Vertrauen auf eigene Werke zum Ver-
trauen auf die Verheißung und auf Christus, weil das Evangelium uns Christus dar-
bietet und Sündenvergebung umsonst um Christi willen verspricht. Durch diese Ver-
heißung gebietet es uns, darauf zu vertrauen, daß wir um Christi willen mit dem Va-
ter versöhnt werden, nicht wegen unserer Reue oder Liebe. Denn es gibt keinen
anderen Mittler oder Versöhner als Christus. Und wir können das Gesetz erst erfüllen,
[CR 550] wenn wir zuvor durch Christus versöhnt sind. Und auch wenn wir etwas
täten, ist doch zu urteilen, daß wir nicht wegen jener Werke, sondern um des Mittlers
und Versöhners Christus willen die Sündenvergebung erlangen.
Es ist fürwahr eine Schmach für Christus und eine Leugnung des Evangeliums zu
meinen, daß wir Sündenvergebung aufgrund des Gesetzes erlangen oder anders als
durch den Glauben an Christus. Wir haben auch diese Sache [bereits] oben im Artikel
von der Rechtfertigung behandelt, als wir erläuterten, warum wir bekennen, daß die
Menschen durch den Glauben gerechtfertigt werden, nicht durch die Liebe.
Daher
ist die Lehre der Gegner, die lehren, daß die Menschen
wegen ihrer Reue und Liebe
die Sündenvergebung erlangen und auf diese Reue und Liebe vertrauen sollen, nur
eine Lehre des Gesetzes, und zwar des unverstandenen Gesetzes. So schauten die
Juden auf das verhüllte Antlitz des Mose (2. Kor 3, 13; 2. Mose 34, 33–35). Denn
mögen wir auch meinen, daß die Liebe da ist, mögen wir uns auch einbilden, daß die
97 S. o. Nr. 45–48.