Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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ten, daß sie unmöglich ist. Aber noch andere, nicht weniger schwere Fehler stecken in
der Lehre der Gegner über die Buße. Wir werden sie noch nennen.
[Art. XII:] Von der Buße
[Zentrale Bedeutung der Lehre von der Buße]
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Im zwölften Artikel billigen sie den ersten Teil. Dort legen wir dar, daß die Gefal-
lenen nach der Taufe Sündenvergebung erlangen können, wann immer und sooft sie
sich bekehren. Den zweiten Teil verdammen sie. Da sagen wir, die Buße habe zwei
Teile: Reue und Glauben. Sie bestreiten, daß der Glaube der zweite Teil der Buße ist.
Was, o Karl, unbesiegbarster Kaiser, sollen wir hier tun? Dies ist das eigentliche Wort
des Evangeliums, daß wir durch den Glauben die Vergebung der Sünden erlangen.
Dieses Wort des Evangeliums verdammen jene Schreiber der Konfutation. Wir
können daher der Konfutation unter keinen Umständen zustimmen. Wir können nicht
die heilbringende Stimme des Evangeliums, die voller Trost ist, verdammen. Denn zu
leugnen, daß wir durch Glauben die Vergebung der Sünden erlangen – was heißt das
anderes, als dem Blut und dem Tod Christi Schmach anzutun? Deshalb bitten wir
dich, o Carolus, unbesiegbarster Kaiser, uns [CR 538] in dieser höchsten Sache, die
das Hauptstück des Evangeliums, die wahre Erkenntnis Christi, den wahren Gottes-
dienst enthält, geduldig und sorgsam zu hören und zu erkennen. Denn alle tüchtigen
Leute werden befinden, [253] daß wir besonders in dieser Sache Wahres, Frommes,
Heilsames und für die ganze Kirche Christi Notwendiges gelehrt haben. [Auch] wer-
den sie aus den Schriften der Unseren erkennen, daß diese dem Evangelium sehr viel
Licht hinzugefügt haben und viele schlimme Irrtümer ausgeräumt worden sind, unter
denen die Lehre von der Buße zuvor durch die Meinungen der Scholastiker und
Kanonisten
verschüttet lag.
[Verworrenheit der dreigliedrigen scholastischen Bußlehre: (1) Reue]
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Bevor wir aber zur Verteidigung unserer Auffassung schreiten, muß dies voraus-
geschickt werden: Alle tüchtigen Männer aller Stände (selbst des Theologenstandes)
bekennen ohne Zweifel, daß die Lehre von der Buße vor Luthers Schriften überaus
verworren war. Die Bücher der Sentenzenkommentatore
liegen vor, in denen es
endlose Fragen gibt, die kein Theologe je ausreichend erläutern könnte. Auch konnte
das Volk weder die Bedeutung der Sache erfassen noch auch erkennen, was eigent-
lich bei der Buße verlangt wird und wo der Friede des Gewissens zu suchen wäre.
Möge doch einer der Gegner vor uns hintreten, der erklären kann, wann die Verge-
bung der Sünden geschieht. Gütiger Gott, was sind das für Finsternisse! Sie sind im
Zweifel, ob Sündenvergebung aufgrund der Anfangsreue oder aufgrund der wahren
85 Lehrer des Kirchenrechts.
86 Verfasser von Kommentaren zu den von Petrus Lombardus († 1160) gesammelten Kirchenvätersentenzen.