Die Bekenntnisschriften - page 258

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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dienst sei oder daß sie seinetwegen das ewige Leben erlangen würden, nicht durch
Gottes Barmherzigkeit um des verheißenen Samens willen. [395] Sondern weil sie das
Gebot der Eltern hielten, wird ihr Gehorsam gelobt, von dem das Gebot Gottes sagt:
„Ehre Vater und Mutter!“ (2. Mose 20, 12).
Ferner hatte die Sitte einen besonderen Zweck: Weil sie Fremdlinge waren und
keine Israeliten, ist klar, daß ihr Vater wollte, daß sie sich durch bestimmte Kennzei-
chen von ihren Volksgenossen unterscheiden sollten, damit sie nicht in die Gottlosig-
keit ihrer Volksgenossen zurückfielen. Er wünschte, sie durch diese Kennzeichen an
die Lehre vom Glauben und von der Unsterblichkeit zu erinnern. Eine solche Absicht
ist legitim. Aber die Möncherei ist zu ganz anderen Zwecken überliefert worden. Sie
geben vor, die mönchischen Werke seien Gottesdienste; sie geben vor, sie würden die
Sündenvergebung und die Rechtfertigung verdienen. Das Beispiel der Rechabiten
paßt deshalb auch überhaupt nicht zum Mönchtum, um hier anderes Mißliche, das
dem gegenwärtigen Mönchtum anhaftet, zu übergehen.
Sie führen hier auch aus dem 1. Timotheusbrief das 5. Kapitel über die Witwen an,
die der Gemeinde dienten [und deshalb] auf allgemeine Kosten ernährt wurden. Er
sagt dort: „Sie wollen heiraten und ziehen sich die Verurteilung zu, weil sie das erste
Treueversprechen ungültig gemacht haben“ (1. Tim 5, 11 f.). Zuerst wollen wir hier
annehmen, daß der Apostel von Gelübden spricht. Dennoch spricht diese Stelle nicht
für die Mönchsgelübde, die wegen gottloser Kulte und in der Meinung geleistet wer-
den, sie verdienten die Sündenvergebung und die Rechtfertigung. Denn Paulus ver-
dammt mit lauter Stimme alle Kulte, alle Gesetze, alle Werke, wenn man sie deshalb
hält, um die Sündenvergebung zu verdienen oder damit wir um ihretwillen das ewige
Leben erlangen [und] nicht um Christi willen durch Barmherzigkeit. Deshalb steht
fest, daß die Witwengelübde, wenn es sie wirklich gegeben hat, den Mönchsgelübden
ganz unähnlich gewesen sind.
Im übrigen: Wenn die Gegner nicht aufhören, diese Stelle auf die Gelübde hin zu
verdrehen, so wird man auch die Stelle dahin verdrehen müssen, die verbietet, eine
Witwe unter 60 Jahren zu wählen (1. Tim 5, 9). So werden vor diesem Alter [CR 640]
geleistete Gelübde ungültig sein. Aber die Kirche kannte diese Gelübde noch nicht.
Deshalb verurteilt Paulus die Witwen, nicht weil sie heiraten (denn er hält die
jüngeren an zu heiraten), sondern weil sie, die auf allgemeine Kosten ernährt worden
waren, übermütig wurden und deshalb den Glauben aufgaben. Er nennt dies den
„ersten Glauben“, [396] nämlich nicht den an die Mönchsgelübde, sondern den an das
Christentum. Und in diesem Sinne versteht er den „Glauben“ in diesem Kapitel:
„Wenn jemand die Seinen, besonders die Hausgenossen, nicht versorgt, hat er den
Glauben verleugnet“ (1. Tim 5, 8). Er spricht nämlich anders vom Glauben als die
Sophisten. Er spricht nicht denen Glauben zu, die eine Todsünde haben. Deshalb sagt
er, daß die den Glauben wegwerfen, die nicht für die Nächsten sorgen. Und in
demselben Sinne sagt er, daß die leichtfertigen jungen Frauen den Glauben wegwerfen.
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