Die Bekenntnisschriften - page 260

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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erbärmlichen Klagen vieler guter Menschen hören, die Gott ohne Zweifel beachtet
und erhört, dem ihr dereinst Rechenschaft über eure Amtsführung werdet geben
müssen.
[Die wirkliche Frage bleibt unbeantwortet: ob Bischöfe das Heil an ihre Satzungen
binden dürfen]
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[398] Obwohl wir aber im Bekenntnis zu diesem Artikel verschiedene Schriftworte
zusammengestellt haben, erwidern die Gegner darauf nichts außer: Die Bischöfe
hätten die Gewalt der Leitung und der zwingenden Zurechtweisung, um ihre Unterta-
nen zum Ziel der ewigen Seligkeit zu lenken; und zur Leitungsgewalt gehöre auch die
Vollmacht, zu beurteilen, zu bestimmen, zu unterscheiden und festzusetzen, was dem
genannten Ziel diene oder zu ihm hinführe. Dies sind die Worte der Konfutation.
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Mit ihnen belehren uns die Gegner darüber, daß die Bischöfe die Vollmacht hätten,
Gesetze zu geben, die zur Erlangung des ewigen Lebens nützlich sind. Um diesen
Grundsatz geht der Streit.
Es kommt aber darauf an, in der Kirche die Lehre zu bewahren, daß wir umsonst
um Christi willen durch den Glauben die Sündenvergebung empfangen. Es kommt
auch darauf an, die Lehre zu bewahren, daß menschliche Satzungen nutzlose Kulte
sind, weshalb weder die Sünde noch auch die Gerechtigkeit auf Speise, Trank, Klei-
dung oder ähnliche Dinge gegründet werden dürfen. Christus wollte, daß ihr Ge-
brauch frei bleibt, wenn er sagt: „Was zum Mund hineingeht, das macht den Men-
schen nicht unrein“ (Mt 15, 11). Und Paulus: „Das Reich Gottes ist nicht Essen und
Trinken“ (Röm 14, 17). Daher haben die Bischöfe keinerlei Recht, über das Evange-
lium hinaus Satzungen einzuführen, damit diese die Sündenvergebung verdienen und
Gottesdienste sind, die Gott als Gerechtigkeit gelten läßt und die die Gewissen da-
durch beschweren, daß es Sünde sei, sie nicht zu beachten. Alle diese Dinge lehrt
schon die eine Stelle in der Apostelgeschichte, wo die Apostel sagen: „Durch den
Glauben werden die Herzen gereinigt“ (Apg 15, 9). Und dann verbieten sie, ein Joch
aufzulegen, und zeigen, welche Gefahr darin liegt. Sie machen die Sünde derer groß,
die der Kirche Lasten auferlegen. „Was versucht ihr Gott?“ fragen sie (Apg 15, 10).
[Aber] durch diesen Blitzschlag [399] lassen sich unsere Gegner nicht erschrecken.
Sie verteidigen mit Gewalt die Traditionen und gottlosen Meinungen.
Denn [CR 642] sie haben oben auch den Artikel XV verdammt, in dem wir dargelegt
haben, daß die Traditionen nicht die Sündenvergebung verdienen; und hier sagen sie,
daß die Traditionen zum ewigen Leben führen. Verdienen sie denn etwa die Vergebung
der Sünden? Sind sie denn Kulte, die Gott als Gerechtigkeit gelten läßt? Machen sie die
Herzen lebendig? Paulus bestreitet deshalb im Brief an die Kolosser, daß die Traditio-
nen zur ewigen Gerechtigkeit und zum ewigen Leben dienen, weil Speise, Trank, Klei-
dung und ähnliches Dinge sind, die durch den Gebrauch vergehen (Kol 2, 20). Aber das
ewige Leben wird im Herzen durch ewige Dinge, d. h. durch das Wort Gottes und den
227 Konfutation, 2. Teil, 7: Von der kirchlichen Amtsgewalt.
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