Die Bekenntnisschriften - page 259

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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[Zusammenfassung]
Wir sind einige unserer Gründe durchgegangen und haben dabei beiläufig das ent-
kräftet, was die Gegner [uns] vorwerfen. Und [doch] haben wir dies nicht nur der
Gegner wegen zusammengetragen, sondern viel mehr der frommen Herzen wegen,
damit sie die Gründe vor Augen haben, weshalb sie die Heuchelei und die erfunde-
nen mönchischen Gottesdienste verwerfen müssen. Sie alle hebt fürwahr dieses eine
Wort Christi auf, wenn er spricht: „Vergeblich dienen sie mir mit Menschengebo-
ten“ (Mt 15, 9). Daher sind die Gelübde selbst und die Vorschriften über Speisen,
Lesungen, Gesänge, Kleidung, Schuhe und Gürtel unnütze Kulte vor Gott. Und ge-
wiß sollen alle frommen Herzen wissen, daß es schlicht pharisäisch und verdam-
menswert ist zu meinen, daß jene Übungen die Sündenvergebung verdienen, daß wir
ihretwegen für gerecht erklärt werden, ihretwegen (und nicht durch die Barmherzig-
keit um Christi willen) das ewige Leben erlangen. Und es muß sein, daß heilige
Männer, die in diesen Lebensformen gelebt haben, das Vertrauen auf solche Übun-
gen fahren lassen und lernen, daß sie die Sündenvergebung um Christi willen um-
sonst erhalten, daß sie das ewige Leben um Christi willen durch Barmherzigkeit er-
langen werden, nicht wegen jener Kulte, daß Gott nur die durch sein Wort eingesetz-
ten Gottesdienste gutheißt, die im Glauben wirksam sind.
[Art. XXVIII:] Von der kirchlichen Amtsgewalt
[Die Konfutation macht die Privilegien des geistlichen Standes statt der unerträg-
lichen Lasten der Gläubigen zum Streitpunkt]
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Die Gegner machen hier ein großes Geschrei um die Privilegien und Freiheiten des
geistlichen Standes [397] und fügen als Schluß hinzu: „Ungültig ist alles, was im
vorliegenden Artikel gegen die Vorrechte der Kirchen und der Priester angeführt
wird.“ Das ist reine Verleumdung. Wir haben nämlich andere Dinge in diesem Arti-
kel erörtert. Im übrigen haben wir oftmals bezeugt, [CR 641] daß wir weltliche Ord-
nungen, Schenkungen der Fürsten und Vorrechte nicht tadeln.
Aber wenn die Gegner doch auch einmal die Klagen der Gemeinden und der from-
men Herzen hören würden! Ihre Rechte und Güter verteidigen die Gegner tapfer.
Unterdessen vernachlässigen sie den Zustand der Kirchen. Sie sorgen nicht dafür, daß
die Gemeinden recht belehrt und die Sakramente ordentlich verwaltet werden. Zum
Priesteramt lassen sie jeden zu ohne Unterschied. Danach legen sie [ihnen] un-
erträgliche Lasten auf, als hätten sie ihr Vergnügen am Untergang anderer; sie ver-
langen, ihre Satzungen weit genauer zu beachten als das Evangelium. Jetzt, in schwer-
sten und schwierigsten Auseinandersetzungen, in denen das Volk sehnsüchtig
wünscht belehrt zu werden, um etwas Gewisses zu haben, dem es folgen kann, helfen
sie nicht den Herzen, die der Zweifel sehr heftig quält; sie rufen nur zu den Waffen.
Außerdem legen sie bei offenkundigen Dingen mit Blut geschriebene Dekrete vor, die
den Menschen schreckliche Strafen androhen, wenn sie nicht offen gegen die Gebote
Gottes handeln. Hier solltet ihr auch einmal die Tränen der Elenden sehen und die
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