Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
302
Dies ist eine einfache Regel für das Verständnis von Satzungen, nämlich: Wir sol-
len wissen, daß sie keine notwendigen Gottesdienste sind, und sie dennoch, um Är-
gernisse zu vermeiden, an ihrem Orte ohne Aberglauben einhalten. Und so haben
viele gelehrte und wichtige Männer in der Kirche gedacht.
[Die Vollmacht der Lehrenden (nach Lk 10, 16; Hebr 13, 17; Mt 23, 3) dient allein
dem Hören auf das Wort Christi]
184
Wir sehen auch nicht, was dagegen einzuwenden wäre. Denn es ist gewiß, daß jenes
Wort: „Wer euch hört, der hört mich“ (Lk 10, 16) nicht von den Satzungen spricht,
sondern sich vielmehr gegen das Einführen von Satzungen richtet. Denn es handelt
sich hier nicht um ein „freies“ Mandat, wie sie es nennen, sondern um die Sicherung
von Gültigem, einen besonderen Auftrag betreffend, d. h. ein den Aposteln gegebenes
Zeugnis, daß wir ihnen aufgrund eines fremden, nicht eines eigenen Wortes glauben
sollen. Denn Christus will uns gewiß machen, wie es auch nötig war, damit wir wissen,
daß das durch Menschen überlieferte Wort wirksam ist und man kein anderes Wort vom
Himmel begehren soll. Das Wort „Wer euch hört, der hört mich“ darf nicht auf
Satzungen bezogen werden. Denn Christus fordert, sie sollen so lehren, daß man ihn
selbst hört. Denn er sagt: „der hört mich“. Er will also, daß man seine Stimme, sein
Wort höre, nicht menschliche Satzungen. So verdrehen diese Esel das Wort, [402] das
er vor allem für uns gesagt hat und [das] eine ganz starke Tröstung und Lehre enthält,
auf ganz nichtige Dinge, auf Unterscheidungen von Speisen, auf Kleidung und
ähnliches.
Sie zitieren auch dies: „Gehorcht euren Lehrern!“ (Hebr 13, 17). Dieses Wort for-
dert Gehorsam gegenüber dem Evangelium. Denn es hat keine Herrschaft für die
Bischöfe außerhalb des Evangeliums begründet. Die Bischöfe dürfen auch keine
Satzungen gegen das Evangelium schaffen oder ihre Satzungen gegen das Evangeli-
um auslegen. Und wenn sie das tun, dann wird der Gehorsam verboten, nach jenem
Wort: „Wenn jemand ein anderes Evangelium predigt, der sei verflucht!“ (Gal 1, 8).
Das gleiche erwidern wir auf die folgende Stelle: „Alles nun, was sie euch sagen,
das tut!“ (Mt 23, 3). Denn es steht fest, daß nicht gemeinhin geboten wird, daß wir
alles auf uns nehmen sollen, weil die Schrift andernorts gebietet, Gott mehr zu ge-
horchen als den Menschen (Apg 5, 29). Wenn sie also gottlose Dinge lehren, darf
man nicht auf sie hören. Das aber ist gottlos, daß menschliche Satzungen Gottes-
dienste sein sollen, daß sie notwendige Gottesdienste sein sollen, daß sie die Sünden-
vergebung und das ewige Leben verdienen sollen.
[Der Vorwurf, die evangelische Lehre verursache Ärgernisse und Aufruhr, ist unbe-
gründet und fällt in vielfacher Weise auf die Gegner selbst zurück]
185
Sie werfen uns sowohl öffentliche Ärgernisse als auch Aufstände vor, die unter dem
Vorwand unserer Lehre entstanden sind. Hierauf erwidern wir kurz: [CR 644]
Er-
stens steht fest, daß unsere Fürsten dank Gottes Güte ein gehorsames Volk in ihren
Gebieten haben. Und diese Lehrweise selbst, der wir folgen, steigert die Achtung
ihnen gegenüber, weil sie die Autorität der Obrigkeiten mit sehr ehrenvollen Lobre-