Die Bekenntnisschriften - page 261

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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Heiligen Geist bewirkt. Mögen also die Gegner erklären, auf welche Weise die Tradi-
tionen zum ewigen Leben führen.
Weil aber das Evangelium klar bezeugt, daß der Kirche nicht Satzungen auferlegt
werden dürfen, um Sündenvergebung zu verdienen, um Gottesdienste zu sein, die
Gott als Gerechtigkeit gelten lassen soll, die die Gewissen beschweren sollen, indem
es als Sünde gilt, sie zu übergehen – deshalb werden die Gegner niemals zeigen kön-
nen, daß die Bischöfe die Vollmacht haben, solche Kulte einzuführen.
[Die geistliche und die richterliche Vollmacht des Bischofs sind an das Evangelium
gebunden; Ordnungen sollen dem Frieden dienen, ohne heilsnotwendig zu sein]
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Im übrigen haben wir im Bekenntnis gesagt, welche Vollmacht das Evangelium den
Bischöfen zuerkennt. [400] Die, die jetzt Bischöfe sind, erfüllen nicht die Bi-
schofspflichten nach dem Evangelium. Nach der kirchenrechtlichen Ordnung, die wir
nicht tadeln, mögen sie aber gleichwohl Bischöfe sein. Doch wir sprechen von einem
dem Evangelium entsprechenden Bischof. Und uns gefällt die alte Teilung der Voll-
macht in die geistliche und die richterliche Gewalt. Der Bischof hat also die geistli-
che Gewalt, das heißt: den Dienst am Wort und an den Sakramenten; er hat auch
richterliche Gewalt, das heißt: [das Recht,] solche, die öffentlicher Vergehen schuldig
sind, zu exkommunizieren und sie wieder loszusprechen, wenn sie umkehren und die
Absolution erbitten. Sie haben aber keine tyrannische Gewalt, das heißt: [eine
Gewalt] ohne ein bestimmtes Gesetz, auch keine königliche [Gewalt], das heißt ober-
halb des Gesetzes, sondern sie haben einen bestimmten Auftrag, ein bestimmtes Wort
Gottes, das sie lehren [und] nach dem sie ihre Gerichtshoheit ausüben sollen. Auch
wenn sie eine Gerichtshoheit innehaben, so folgt daraus doch nicht, daß sie neue
Kulte einführen können. Denn Gottesdienste haben nichts mit der Gerichtshoheit zu
tun. Und sie haben ein Wort, sie haben ein Gebot, inwieweit sie ihre Gerichtshoheit
ausüben sollen, nämlich, wenn sich jemand gegen jenes Wort vergangen hat, das sie
von Christus empfangen haben.
Gleichwohl haben wir bereits im Bekenntnis hinzugefügt, inwieweit es ihnen ge-
stattet ist, Satzungen einzuführen, nämlich nicht als notwendige Kulte, sondern damit
in der Kirche um des Friedens willen Ordnung herrscht
.
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Auch dürfen diese Satzun-
gen den Gewissen keine Fesseln anlegen, so als würden sie notwendige Kulte vor-
schreiben, [401] wie Paulus lehrt, wenn er sagt: „Stehet in der Freiheit, zu der uns
Christus befreit hat; laßt euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!“
(Gal 5, 1). Es muß also ein freier Gebrauch solcher Ordnungen belassen werden
(sofern man nur Ärgernisse vermeidet), damit man sie nicht für notwendige Gottes-
dienste hält; so wie auch die Apostel selbst vieles angeordnet haben, [CR 643] das mit
der Zeit verändert wurde. Sie haben es auch nicht so überliefert, daß es nicht
verändert werden dürfte. Denn sie begaben sich nicht in Widerspruch zu ihren
Schriften, in denen sie sehr darauf bedacht sind, daß nicht die Meinung, menschliche
Riten seien notwendige Gottesdienste, die Kirche bedränge.
228 Vgl. oben Augsburger Bekenntnis, Art. 28 [4].
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