Die Bekenntnisschriften - page 346

Der Große Katechismus
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Daher sind auch das Benedicit
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, Gratia
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und andere Segen abends und morgens
gekommen und geblieben, ebenso die Kinderübung, daß man sich bekreuzigt, wenn
man etwas Ungeheures und Schreckliches sieht oder hört, und spricht: „Herrgott,
behüte“, „Hilf, lieber Herr Christ“ oder dergleichen. Andererseits daß man, wenn
jemand unverhofft etwas Gutes widerfährt, wie gering es auch ist, spricht: „Gott sei
gelobt und gedankt“, „Das hat mir Gott beschert“ usw. So wie man früher die Kinder
daran gewöhnt hatte, Sankt Nikolaus
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und anderen Heiligen [zu Ehren] zu fasten und
zu beten. Solches wäre Gott angenehm und gefiele ihm mehr als Klosterleben und
Kartäuserheiligkei
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.
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Sieh, ebenso soll man die Jugend in kindlicher Weise und spielend in Gottes Furcht
und Ehre aufziehen, so daß das erste und zweite Gebot fein im Schwang
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und in
steter Übung gehen. Da könnte etwas Gutes wurzeln, aufgehen und Frucht bringen, so
daß solche Leute aufwachsen würden, an denen ein ganzes Land Wohlgefallen haben
und froh werden könnte. Das wäre auch die rechte Weise, Kinder gut zu erzie-hen,
solange man sie mit Güte und Vergnügen daran gewöhnen kann. Denn was man allei-
ne mit Ruten und Schlägen erzwingen muß, da wird keine gute Art daraus, und wenn
man’s auch weit bringt, so bleiben sie doch nicht länger rechtschaffen, als wie die
Rute auf dem Nacken liegt. Aber hier reicht die Wurzel bis ins Herz, daß man sich
mehr vor Gott als vor der Rute und dem Knüppel fürchtet. Das sage ich so einfach für
die Jugend, damit es ihnen einmal klar wird. Denn weil wir Kindern predigen, müssen
wir auch mit ihnen in ihrer Sprache sprechen. So haben wir den Mißbrauch des göttli-
chen Namens verhütet und die rechte Art gelehrt, wie sie nicht allein in den Worten,
sondern auch in der Praxis des Lebens bestehen soll, damit man weiß, daß solches
Gott herzlich wohlgefällt und er es reichlich belohnen wird, so wie er jenen
Mißbrauch schrecklich strafen will.
Das dritte Gebot
Du sollst den Feiertag heiligen.
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Feiertag haben wir es genannt nach dem hebräischen Wörtchen Sabbat, das eigentlich
„feiern“ heißt, was ausruhen von der Arbeit bedeutet; daher pflegen wir zu sagen „Fei-
erabend machen“ oder „heiligen Abend geben
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. Nun hat Gott im Alten Testament den
siebten Tag ausgesondert und eingesetzt, ihn zu feiern, und geboten, ihn vor allen ande-
ren Tagen heilig zu halten (1. Mose 2, 3; 2. Mose 20, 8 f.). Was diese äußerliche Feier
angeht, ist dieses Gebot alleine den Juden gegeben, daß sie sich von gewöhnlichen
47 Gebet vor Tisch (Benedicite Domino = Lobet den Herrn).
48 Dankgebet nach Tisch (Gratias agite Domino = Danket dem Herrn).
49 Bischof von Myra, Märtyrer († um 352).
50 Der Kartäuserorden, gestiftet 1084 von Bruno von Köln, galt als einer der strengsten Mönchsorden.
51 Nominalbildung zu schwingen: blühen, in voller Blüte sein.
52 Ursprünglich der Abend vor einem Fest.
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