Die Bekenntnisschriften - page 349

Der Große Katechismus
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Feiertag grob mißbrauchen und verunheiligen, also die, die es um ihres Geizes oder
ihrer Leichtfertigkeit willen unterlassen, Gottes Wort zu hören, oder in Kneipen liegen,
toll und voll sind wie die Säue, sondern auch die anderen Leute, die Gottes Wort hören
wie irgendeine andere Spielerei und nur aus Gewohnheit zur Predigt und wieder heraus
gehen, und wenn das Jahr um ist, wissen sie in diesem Jahr soviel wie im vorigen. Denn
bisher hat man geglaubt, es wäre richtig gefeiert, wenn man sonntags eine Messe oder
das Evangelium hätte lesen hören, aber nach Gottes Wort hat niemand gefragt, wie es
auch niemand gelehrt hat. Jetzt, wo wir Gottes Wort haben, legen wir trotzdem den
Mißbrauch nicht ab, lassen uns immer predigen und ermahnen, hören es aber ohne Ernst
und Sorgfalt. Darum erkenne, daß es nicht alleine um das Hören geht, sondern es soll
auch gelernt und behalten werden, und denke nicht, daß es in deinem Belieben steht
oder nicht viel daran liegt, sondern daß es Gottes Gebot ist, der Rechenschaft von dir
fordern wird, wie du sein Wort gehört, gelernt und geehrt hast.
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Genauso sind auch die eingebildeten Geister zu strafen, die, wenn sie eine Predigt ge-
hört haben, es satt sind und Überdruß empfinden, als ob sie es selbst wohl könnten und
keines Meisters mehr bedürften. Denn das ist eben die Sünde, die man bisher zu den
Todsünde
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gezählt hat und die Acedia
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genannt wird, das heißt Trägheit oder Über-
druß, eine feindselige, schädliche Plage, womit der Teufel viele Herzen bezaubert und
betrügt, um uns zu überrumpeln und uns das Wort Gottes heimlich zu entziehen.
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Denn das laß dir gesagt sein: Auch wenn du es auf das beste könntest und ein Meister
aller Dinge wärst, so bist du doch täglich im Reich des Teufels, der weder Tag noch
Nacht aufhört, um dich zu schleichen, um in deinem Herzen Unglauben und böse
Gedanken gegen die vorherigen und alle [anderen] Gebote anzuzünden. Darum mußt du
immer Gottes Wort im Herzen, im Mund und im Ohr haben. Wo aber das Herz müßig
steht und das Wort nicht klingt, da bricht er ein und hat Schaden angerichtet, ehe man es
bemerkt. Andererseits hat es die Kraft, wo man es mit Ernst betrachtet, hört und be-
denkt, daß es nie ohne Frucht bleibt, sondern allezeit neues Verständnis, Lust und An-
dacht erweckt, ein reines Herz und reine Gedanken macht. Denn es sind nicht faule oder
tote, sondern wirksame, lebendige Worte. Und wenn uns auch kein anderer Nutzen und
Zwang antriebe, so sollte doch das jedermann ein Anreiz sein, daß dadurch der Teufel
gescheucht und verjagt und daß dieses Gebot erfüllt wird, was Gott wohlgefälliger ist
als alle anderen glänzenden Heuchelwerke.
Das vierte Gebot
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Bisher haben wir die ersten drei Gebote gelernt, die sich auf Gott beziehen: Als er-
stes, daß man ihm von ganzem Herzen vertrauen, ihn fürchten und lieben soll in un-
serm ganzen Leben. Als zweites, daß man seinen heiligen Namen weder zur Lüge
54 Darunter zählten Hochmut, Habsucht, Zügellosigkeit, Haß, Völlerei, Zorn sowie der oben umschriebene Zustand
von Gleichgültigkeit, Launenhaftigkeit und Trägheit.
55 Akädia (griech.); Begriff aus der Ethik des Aristoteles.
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