Die Bekenntnisschriften - page 351

Der Große Katechismus
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und göttliche Lehre ist. Denn wenn man es dafür gehalten hätte, hätte ein jeder dar-
aus entnehmen können, daß es auch heilige Leute sein müßten, die nach diesen Wor-
ten lebten. So hätte man weder ein Klosterleben noch geistliche Stände aufzurichten
brauchen, wäre jedes Kind bei diesem Gebot geblieben und hätte sein Gewissen auf
Gott richten können und sprechen: Soll ich gute und heilige Werke tun, so weiß ich
kein besseres, als meinen Eltern alle Ehre und Gehorsam zu leisten, weil es Gott
selbst geboten hat. Denn was Gott gebietet, muß viel und weit edler sein als alles, was
wir uns selbst ausdenken können. Und weil kein höherer oder besserer Meister zu
finden ist als Gott, wird es freilich auch keine bessere Lehre geben als die, die er gibt.
Nun lehrt er jeweils reichlich, was man tun soll, wenn man rechtschaffene, gute Wer-
ke üben will, und dadurch, daß er sie gebietet, zeigt er, daß sie ihm gut gefallen.
Wenn es denn Gott ist, der solches gebietet und nichts Besseres aufzustellen weiß, so
werde ich es auch nicht besser machen.
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Sieh, so hätte man ein frommes Kind richtig gelehrt, heilsam erzogen und daheim be-
halten in Gehorsam und Dienst der Eltern, so daß man Gutes und Freude daran gese-
hen hätte. Aber man hielt es nicht für nötig, Gottes Gebot so hervorzuheben, sondern
man hat es liegenlassen und ist schnell darüber hinweggegangen, so daß ein Kind
nicht darüber nachdenken konnte, sondern statt dessen nur das anstaunen konnte, was
wir selbst aufgerichtet haben und weswegen wir Gott keinmal um Rat gefragt haben.
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Darum laßt uns einmal lernen, um Gottes willen, daß das junge Volk, ohne den Blick
auf alle anderen Dinge, zuerst auf dieses Gebot sieht, wenn sie Gott mit rechten guten
Werken dienen wollen, so daß sie das tun, was Vater und Mutter, oder denen sie an
ihrer Stelle untertan sind, lieb ist. Denn welches Kind das weiß und tut, hat zum er-
sten den großen Trost im Herzen, daß es fröhlich sagen und rühmen kann (zum Trotz
und gegen alle, die mit selbst erwählten Werken umgehen): Siehe, das Werk gefällt
meinem Gott im Himmel wohl, das weiß ich sicher. Lasse sie mit ihren vielen, gro-
ßen, sauren, schweren Werken alle auf einen Haufen hertreten und sich rühmen. Laß
sehen, ob sie irgendeines vorbringen können, das größer und edler ist als der Gehor-
sam gegenüber Vater und Mutter, den Gott nächst dem Gehorsam gegenüber seiner
Majestät gesetzt und befohlen hat, so daß, wenn Gottes Wort und Willen seinen Weg
geht und zum Ziel kommt, nicht höher gelten soll als der Eltern Wille und Wort, doch
so, daß der auch unter Gottes Gehorsam bleibt und nicht gegen die vorherigen Gebo-
te geht.
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Deswegen sollst du von Herzen froh sein und Gott danken, daß er dich dazu erwählt
und würdig gemacht hat, ihm solch köstlich angenehmes Werk zu tun. Und halte es
nur für groß und teuer, auch wenn es für das allergeringste und verachtetste angese-
hen wird, nicht unserer Würdigkeit wegen, sondern weil es in dem Kleinod und Hei-
ligtum, nämlich Gottes Wort und Gebot, gefaßt ist und geht. Oh, wieviel würden alle
Kartäuse
r
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, Mönche und Nonnen, dafür geben, um in allen ihrem geistlichen Gehabe
ein einziges Werk vor Gott bringen zu können, aus seinem Gebot getan, und mit fröh-
56 S. o. Anm. 50.
1...,341,342,343,344,345,346,347,348,349,350 352,353,354,355,356,357,358,359,360,361,...549
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