Die Bekenntnisschriften - page 362

Der Große Katechismus
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auch dem Nächsten dazu verhilft. So will Gott durch dieses Gebot den Ehepartner eines
jeden beschützt und bewahrt haben, damit sich niemand daran vergreift.
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Da aber dieses Gebot gerade auf den Ehestand gerichtet ist und Grund gibt, davon zu
reden, sollst du es gut begreifen und merken: Zum ersten wie Gott diesen Stand so
herrlich ehrt und preist dadurch, daß er ihn durch sein Gebot sowohl bestätigt als auch
bewahrt. Bestätigt hat er ihn oben im vierten Gebot: „Du sollst Vater und Mutter eh-
ren.“ Hier aber hat er ihn (wie gesagt) bewahrt und beschützt. Deshalb will er ihn
auch von uns geehrt, erhalten und geführt haben als einen göttlichen, selig zu prei-
senden Stand, weil er ihn zuerst vor allen anderen eingesetzt hat und darum Mann und
Frau unterschiedlich geschaffen hat (wie vor Augen ist), nicht zu schändlicher Selbst-
sucht, sondern damit sie sich zusammen halten, fruchtbar sind und Kinder zeugen,
nähren und aufziehen zur Ehre Gottes. Darum hat Gott ihn auch vor allen Ständen am
reichlichsten gesegnet und alles, was in der Welt ist, darauf verwendet und ihm ver-
liehen, damit dieser Stand jeweils gut und reichlich versorgt wird. Das eheliche Leben
ist also kein Scherz oder vorwitzige Spielerei, sondern eine sehr gute Sache mit gött-
lichem Ernst. Denn es liegt ihm vor allem daran, daß man Leute erzieht, die der Welt
dienen und ihr zur Gotteserkenntnis, zum seligen Leben und allen Tugenden verhel-
fen, um gegen die Bosheit und den Teufel zu streiten.
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Darum habe ich immer gelehrt, daß man diesen Stand nicht verachten oder gering-
schätzen soll, wie es die blinde Welt und unsere falschen Geistlichen tun, sondern ihn
nach Gottes Wort ansehen soll, mit dem er geschmückt und geheiligt ist, so daß er nicht
etwa den anderen Ständen nur gleichgeordnet ist, sondern vor und über allen steht,
gleich ob Kaiser, Fürsten, Bischöfe und wer sie sein wollen. Denn sowohl geistliche wie
weltliche Stände müssen sich demütigen und alle in diesem Stand finden lassen, wie wir
hören werden. Deshalb ist es nicht ein besonderer, sondern der verbreitetste, edelste
Stand, der durch den ganzen Christenstand, ja durch alle Welt geht und reicht.
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Zum andern sollst du auch wissen, daß es nicht nur ein ehrlicher, sondern auch ein
notwendiger Stand ist und ernsthaft von Gott geboten, so daß insgesamt alle Stände,
Männer und Frauen, die dazu geschaffen sind, sich darin finden lassen. Doch gibt es
einige (wenn auch wenige) Ausnahmen, die Gott besonders herausgenommen hat, so
daß sie zum ehelichen Stand nicht geeignet sind oder sie durch hohe, übernatürliche
Gabe befreit hat, so daß sie außerhalb dieses Standes Keuschheit bewahren können.
Denn wo die Natur sich so auswirkt, wie sie von Gott eingepflanzt ist, ist es unmög-
lich, außerhalb der Ehe keusch zu bleiben. Denn Fleisch und Blut bleibt Fleisch und
Blut, und die natürliche Neigung und der Anreiz lassen sich nicht unterdrücken, wie
jedermann sieht und fühlt. Deshalb, damit es um so leichter ist, Unkeuschheit eini-
germaßen zu meiden, hat Gott den Ehestand auch geboten, damit ein jeder seinen ihm
zugedachten Anteil hat und sich daran genügen läßt, auch wenn noch Gottes Gnade
dazu gehört, daß auch das Herz keusch sei.
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Daraus siehst du, wie unser päpstlicher Haufen, Pfaffen, Mönche und Nonnen gegen
Gottes Ordnung und Gebot verstoßen, wenn sie den Ehestand verachten und verbie-
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