Die Bekenntnisschriften - page 365

Der Große Katechismus
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Sache machen, die nicht eine Stadt oder zwei, sondern ganz Deutschland täglich aus-
rauben. Ja, wo bliebe das Haupt und der oberste Schutzherr aller Diebe, der heilige
Stuhl in Rom, der die Güter aller Welt mit Diebereien an sich gebracht und bis auf
diesen Tag in Besitz hat? Kurz gesagt, so geht es in der Welt zu, daß der, der öffent-
lich stehlen und rauben kann, sicher und frei dahergeht, von jedermann ungestraft,
und dazu geehrt werden möchte. Unterdessen müssen die kleinen, heimlichen Diebe,
die sich einmal vergriffen haben, die Schande und Strafe ertragen, jene aber sind
rechtschaffen und kommen zu Ehren. Doch sollen sie wissen, daß sie für Gott die
größten Diebe sind, der sie auch, wie sie es wert sind und es verdienen, strafen wird.
Weil nun dieses Gebot so weit ausgreift, wie jetzt gezeigt, ist es notwendig, es dem
einfachen Volk vorzuhalten und zu verdeutlichen, damit man sie nicht so frei und
sicher hingehen läßt, sondern ihnen immer Gottes Zorn vor Augen stellt und ein-
schärft. Denn wir müssen solches nicht Christen, sondern meistens Spitzbuben und
hinterhältigen Leuten predigen, denen besser Richter, Gefängnisaufseher oder Mei-
ster Henker predigen sollte. Darum soll jeder wissen, daß er es schuldig ist bei An-
drohung von Gottes Ungnade, nicht allein seinem Nächsten keinen Schaden anzutun
oder ihm seinen Vorteil zu nehmen oder beim Kauf oder irgendeinem anderen Han-
del irgendwelche Untreue oder Tücke zu beweisen, sondern auch sein Gut treu zu
verwahren, ihm seinen Nutzen zu verschaffen und zu fördern, besonders wenn er
Geld, Lohn und Nahrung dafür nimmt.
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Wer nun solches mutwillig verachtet, kann wohl hingehen und dem Henker entkom-
men, wird aber Gottes Zorn und Strafe nicht entgehen und wird, wenn er es in seinem
Trotz und Stolz noch lange so treibt, doch ein Landstreicher und Bettler bleiben und
dazu jede Plage und jedes Unglück haben. Jetzt gehst du hin, und wo du das Gut dei-
nes Herrn oder deiner Herrin bewahren solltest, füllst du statt dessen deinen Kropf
und deinen Bauch, nimmst deinen Lohn wie ein Dieb und läßt dich dazu wie einen
Junker feiern. So gibt es viele, die ihren Herren und Herrinnen trotzen und ungern
ihnen zulieb und Diensten einen Schaden verhüten. Sieh aber zu, was du daran ge-
winnst: Wenn du Eigentum erwirbst und zu Hause sitzt, wozu dir Gott zu deinem
Unglück verholfen hat, muß es sich wieder wenden und auf dich kommen, so daß, wo
du für einen Heller Schaden angerichtet hast, du es dreißigfach bezahlen mußt. Eben-
so soll es Handwerksleuten und Tagelöhnern gehen, von deren Willkür man jetzt
hören und sie erleiden muß, als wären sie Herren in fremdem Gut und jedermann
müsse ihnen geben, soviel sie haben wollen. Solche laß nur getrost dies herausschin-
den, solange sie können. Aber Gott wird sein Gebot nicht vergessen und ihnen loh-
nen, wie sie es verdient haben. Er wird sie nicht an einen grünen, sondern an einen
dürren Galgen hängen,
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so daß ihr Leben nicht gedeihen kann und sie für sich nichts
voranbringen. Wahrlich, wenn eine gut geordnete Herrschaft im Land wäre, könnte
man solcher Willkür bald gegensteuern und wehren, wie es früher bei den Römern
gewesen ist, wo man solche schnell am Kragen hatte, so daß sich andere dadurch
gewarnt sein ließen.
67 Der Tod am Galgen galt als die härtere Strafe gegenüber dem an einem grünen Baum.
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