Die Bekenntnisschriften - page 367

Der Große Katechismus
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Wir haben genug gemahnt, gewarnt und gewehrt: Wer es nicht achten noch glauben
will, den lassen wir gehen, bis er’s erfahre. Doch muß man es den jungen Leuten ein-
prägen, damit sie sich hüten und nicht dem alten wilden Haufen nachfolgen, sondern
sich Gottes Gebot vor Augen halten, daß nicht Gottes Zorn und Strafe auch über sie
kommen. Uns kommt nicht mehr zu, als es zu sagen und zu strafen mit Gottes Wort.
Aber solcher öffentlichen Willkür zu steuern, dazu gehören Fürsten und Obrigkeiten,
die selbst Augen und den Mut hätten, eine Ordnung für allen Handel und Verkauf zu
errichten und zu halten, damit die Armut nicht beschwert und unterdrückt werde und
sie selbst sich nicht mit fremden Sünden beladen.
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Damit sei genug davon gesagt, was stehlen heißt: daß man es nicht so eng faßt, son-
dern gehen läßt, soweit wie wir es mit dem Nächsten zu tun haben. Um es kurz zu
fassen wie bei den vorigen Geboten, ist dadurch zuerst verboten: dem Nächsten Scha-
den und Unrecht zu tun (wie viele Arten man auch denken mag, Hab und Gut zu min-
dern, zu verhindern und vorzuenthalten). Auch soll man da nicht zustimmen oder
gestatten, sondern wehren und verhüten. Und es ist andererseits geboten, sein Gut zu
fördern, zu bessern und, wo er Not leidet, zu helfen, mit ihm zu teilen und sowohl
Freunden als auch Feinden etwas vorzustrecken. Wer nun gute Werke sucht und be-
gehrt, wird hier übergenug finden, die Gott von Herzen angenehm und wohlgefällig
sind, dazu mit vortrefflichem Segen begnadet und überschüttet werden, so daß es
reichlich vergolten werden wird, was wir unsern Nächsten zu Nutzen und Freund-
schaft tun, wie auch König Salomo Sprüche 19 (v. 17) lehrt: „Wer sich des Armen
erbarmt, der leiht dem Herrn, und der wird ihm vergelten, was er Gutes getan hat.“ Da
hast du einen reichen Herrn, der dir genug Sicherheit bietet und es an nichts gebre-
chen oder mangeln lassen wird. So kannst du mit fröhlichem Gewissen hundertmal
mehr genießen, als du mit Untreue und Unrecht zusammenscharrst. Wer nun den Se-
gen nicht will, der wird Zorn und Unglück genug finden.
Das achte Gebot
Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.
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Außer unserem eigenen Leib, Ehepartner und zeitlichem Gut haben wir noch einen
Schatz, nämlich Ehre und guten Ruf, den wir nicht entbehren können. Denn es geht
darum, nicht unter den Leuten in öffentlicher Schande, von jedermann verachtet, zu
leben. Deshalb will Gott des Nächsten Ruf, Ehre und Gerechtigkeit so wenig wie
Geld und Gut genommen oder verkürzt sehen, damit jeder vor seiner Frau, Kind, vor
Dienstleuten und Nachbarn in Ehren bestehe. Zunächst ist der einfachste Sinn dieses
Gebotes, so wie die Worte lauten („Du sollst nicht falsch Zeugnis reden“), auf öf-
fentliche Gerichte bezogen, wenn man einen armen, unschuldigen Mann verklagt und
durch falsche Zeugen belastet, damit er an Leib, Gut oder Ehre bestraft werde.
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Das scheint jetzt so, als gehe es uns wenig an, aber bei den Juden kam es sehr häufig
vor. Denn das Volk war in guter, geordneter Herrschaft verfaßt, und wo noch eine
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