Der Große Katechismus
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des, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel, er
sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu
richten die Lebenden und die Toten.
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Hier lernen wir die zweite Person der Gottheit kennen, damit wir sehen, was wir au-
ßer den vorhergehenden zeitlichen Gütern von Gott haben, nämlich wie er sich ganz
und gar ausgeschüttet und nichts behalten hat, was er nicht uns gegeben hätte. Dieser
Artikel ist nun sehr reich und weit, aber um es kurz und kindlich zu behandeln, wol-
len wir uns ein Wort vornehmen und darin die ganze Summe davon erfassen, nämlich
(wie gesagt) damit man daraus lerne, wie wir erlöst sind, daß man auf diesen Worten
seinen Stand findet: „an Jesus Christus, unsern Herrn“.
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Wenn man nun fragt: „Was glaubst du im zweiten Artikel von Jesus Christus?“, ant-
worte aufs kürzeste: „Ich glaube, daß Jesus Christus, wahrhaftiger Gottessohn, mein
Herr geworden ist.“ Was bedeutet nun das „ein Herr werden“? Das heißt, daß er mich
erlöst hat von Sünde, vom Teufel, vom Tod und allem Unglück. Denn vorher habe ich
weder einen Herrn noch König gehabt, sondern war unter der Gewalt des Teufels
gefangen, zu dem Tod verdammt, in Sünde und Blindheit verstrickt gewesen.
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Denn als wir geschaffen waren und allerlei Gutes von Gott, dem Vater, empfangen
hatten, kam der Teufel und brachte uns in Ungehorsam, Sünde, Tod und alles Un-
glück, so daß wir in seinem Zorn und seiner Ungnade lagen, zu ewiger Verdammnis
verurteilt, wie wir es verschuldet und verdient hatten. Da war kein Rat, keine Hilfe
oder Trost, bis daß sich dieser einzige und ewige Gottessohn unseres Jammers und
Elends aus grundloser Güte erbarmte und vom Himmel kam, um uns zu helfen. Also
sind nun jene Tyrannen und Gefängnisaufseher alle vertrieben, und an ihre Stelle ist
Jesus Christus getreten, ein Herr des Lebens, der Gerechtigkeit, alles Guten und der
Seligkeit, und hat uns arme, verlorene Menschen aus dem Rachen der Hölle gerissen,
gewonnen, frei gemacht und wieder in die Gunst und Gnade des Vaters gebracht. Er
hat uns als sein Eigentum unter seinen Schirm und Schutz genommen, um uns durch
seine Gerechtigkeit, Weisheit, Gewalt, Leben und Seligkeit zu regieren.
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Das ist nun die Summe dieses Artikels, daß das Wort „Herr“, einfach gesagt, soviel
bedeutet wie Erlöser. Das meint einen, der uns vom Teufel zu Gott, vom Tod zum
Leben, von der Sünde zur Gerechtigkeit gebracht hat und dabei erhält. Die Stücke
aber, die nacheinander in diesem Artikel folgen, tun nichts anderes, als daß sie solche
Erlösung erklären und ausdrücken, wie und wodurch sie geschehen ist. Das heißt, was
es ihn gekostet und was er dafür aufgewendet und gewagt hat, um uns zu gewinnen
und zu seiner Herrschaft zu bringen, nämlich daß er Mensch geworden ist, von dem
Heiligen Geist und der Jungfrau [Maria] ohne alle Sünde empfangen und geboren
wurde, damit er der Sünden Herr wäre. Dazu hat er gelitten, ist gestorben und begra-
ben worden, um für mich genug zu tun und zu bezahlen, was ich verschuldet habe,
nicht mit Silber und Gold, sondern mit seinem eigenen, teuren Blut. Und dies alles
dafür, um mein Herr zu werden. Denn für sich selbst hat er es nicht getan, noch hätte
er dessen bedurft. Danach ist er wieder auferstanden, hat den Tod verschlungen und