Die Bekenntnisschriften - page 383

Der Große Katechismus
92
cher Schatz nicht begraben bliebe, sondern angelegt und genossen würde, hat Gott
das Wort ausgehen und verkünden lassen und uns darin den Heiligen Geist gegeben,
um uns solchen Schatz und Erlösung nahezubringen und zuzueignen. Darum ist das
Heiligen nichts anderes als uns zu dem Herrn Christus zu bringen, solches Gut zu
empfangen, zu dem wir von selbst nicht kommen könnten.
153
So lerne nun diesen Artikel aufs deutlichste zu verstehen. Wenn man fragt: Was
meinst du mit den Worten „Ich glaube an den Heiligen Geist“?, sollst du antworten
können: „Ich glaube, daß mich der Heilige Geist heilig macht, wie sein Name ist.“
Womit tut er aber solches oder was ist seine Weise oder sind seine Mittel dazu? Ant-
wort: „durch die christliche Kirche, Vergebung der Sünden, Auferstehung des Flei-
sches und das ewige Leben“. Denn zum ersten hat er eine besondere Gemeinde in der
Welt, die die Mutter ist, die jeden Christen zur Welt bringt und trägt durch das Wort
Gottes. Dieses offenbart und treibt der Heilige Geist, erleuchtet die Herzen und läßt
sie entflammen, daß sie es erfassen, annehmen, daran hängen und dabei bleiben.
154
Denn wo er es nicht predigen läßt und im Herzen erweckt, so daß man es erfaßt, da ist
es verloren, wie es unter dem Papsttum geschehen ist, wo der Glaube ganz unter die
Bank gesteckt worden ist, niemand Christus als Herrn erkannt hat noch den Heiligen
Geist als den, der da heilig macht. Das heißt, niemand hat geglaubt, daß Christus so
unser Herr wäre, der uns ohne unser Werk und Verdienst solchen Schatz gewonnen
hat und uns dem Vater angenehm gemacht hat. Woran hat es denn gemangelt? Daran,
daß der Heilige Geist nicht dagewesen ist, der solches offenbart hätte und solches
hätte predigen lassen, sondern Menschen und böse Geister sind dagewesen, die uns
gelehrt haben, durch unsere Werke selig zu werden und Gnade zu erlangen. Darum ist
es auch keine christliche Kirche. Denn wo man nicht von Christus predigt, da ist kein
Heiliger Geist, welcher die christliche Kirche macht, beruft und zusammenbringt,
außerhalb welcher niemand zu dem Herrn Christus kommen kann. Das soll genug
sein von dem Hauptinhalt dieses Artikels. Weil aber die Stücke, die darin aufgezählt
werden, für die einfachen Leute nicht so klar sind, wollen wir sie auch kurz durchge-
hen.
155
Das Glaubensbekenntnis nennt die heilige, christliche Kirche „Communio sancto-
rum“, „eine Gemeinschaft der Heiligen“, denn beide Wortverbindungen haben die-
selbe Bedeutung. Aber früher ist das eine Stück nicht dabei gewesen, auch ist es
schlecht und unverständlich verdeutscht: „eine Gemeinschaft der Heiligen“. Wenn
man es deutlich wiedergeben wollte, müßte man es auf deutsch anders ausdrücken.
Denn das Wort „Ecclesia“ heißt eigentlich auf deutsch eine „Versammlung“. Wir sind
aber gewöhnt an das Wörtlein „Kirche“, worunter die einfachen Leute nicht eine ver-
sammelte Menge verstehen, sondern das geweihte Haus oder Gebäude. Jedoch sollte
das Haus nicht Kirche heißen, außer allein deswegen, weil die Menschen darin zu-
sammenkommen. Denn wir, die zusammenkommen, machen und nehmen uns einen
besonderen Raum und geben dem Haus der Versammlung entsprechend einen Na-
men. Also heißt das Wörtlein „Kirche“ eigentlich nichts anderes als eine „allgemeine
Versammlung“ und ist der Herkunft nach nicht deutsch, sondern griechisch (wie auch
1...,373,374,375,376,377,378,379,380,381,382 384,385,386,387,388,389,390,391,392,393,...549
Powered by FlippingBook