Die Bekenntnisschriften - page 385

Der Große Katechismus
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das Evangelium nicht ist, ist auch keine Vergebung, wie auch keine Heiligkeit da sein
kann. Darum haben sich alle selbst herausgeworfen und abgesondert, die nicht durchs
Evangelium und Vergebung der Sünde, sondern durch ihre Werke Heiligkeit suchen
und verdienen wollen.
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Unterdessen aber, nachdem die Heiligkeit angefangen hat und täglich zunimmt, war-
ten wir, daß unser Fleisch getötet und mit allem Unrat verscharrt werde, aber herrlich
hervorkomme und auferstehe zu ganzer und völliger Heiligkeit in einem neuen, ewi-
gen Leben. Denn jetzt bleiben wir halb und halb rein und heilig, damit der Heilige
Geist immer an uns arbeite durch das Wort und tägliche Vergebung austeile bis in
jenes Leben, da nicht mehr Vergebung sein wird, sondern ganz und gar reine und
heilige Menschen, voller Rechtschaffenheit und Gerechtigkeit, befreit und ledig von
Sünde, Tod und allem Unglück in einem neuen, unsterblichen und verklärten Leib.
Siehe, das alles ist bestimmt als Amt und Werk des Heiligen Geistes, daß er auf Er-
den die Heiligkeit anfange und täglich vermehre durch die zwei Stücke: christliche
Kirche und Vergebung der Sünde. Wenn wir aber [im Grab] verwesen, wird er es
ganz in einem Augenblick vollführen und durch die letzten zwei [Stücke] ewig dabei
erhalten. Daß aber hier „Auferstehung des Fleisches“ steht, ist auch nicht gut deutsch
geredet. Denn wenn wir „Fleisch“ hören, denken wir nicht weiter als bis in die
Fleischläden. In gutem Deutsch würden wir also sagen: „Auferstehung des Leibes oder
Leichnams
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. Doch liegt nicht sehr viel daran, wenn man nur die Worte recht versteht.
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Das ist nun der Artikel, der da immerdar in Kraft sein und bleiben muß. Denn die
Schöpfung haben wir nun hinter uns, die Erlösung ist auch ausgerichtet, aber der Hei-
lige Geist treibt sein Werk unaufhörlich bis zum Jüngsten Tag. Dazu bestimmt er eine
Gemeinde auf Erden, durch die er alles redet und tut. Denn er hat seine Christenheit
noch nicht ganz zusammengebracht oder die Vergebung ganz ausgeteilt. Darum glau-
ben wir an den, der uns täglich durch das Wort herbeiholt und den Glauben gibt,
mehrt und stärkt durch dasselbe Wort und durch die Vergebung der Sünde, um uns,
wenn das alles getan ist und wir dabei bleiben, der Welt und allem Unglück absterben
[zu lassen], schließlich ganz und ewig heilig zu machen, was wir jetzt durch das Wort
im Glauben erwarten.
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Siehe, da hast du das ganze göttliche Wesen, Willen und Werk mit ganz kurzen und
doch reichen Worten aufs allerfeinste nachgezeichnet. Darin besteht alle unsere
Weisheit, die über aller Menschen Weisheit, Sinn und Vernunft geht und schwebt.
Denn alle Welt, auch wenn sie mit allem Fleiß danach getrachtet hat, was Gott ist und
was er im Sinn hat und tut, so hat sie doch nichts davon je erlangen können. Hier aber
hast du es alles auf das allerreichste. Denn da hat er es selbst offenbart und den tief-
sten Abgrund seines väterlichen Herzens und seiner ganzen unaussprechlichen Liebe
in allen drei Artikeln aufgetan. Denn er hat uns eben dazu geschaffen, um uns zu erlö-
sen und zu heiligen. Und über das hinaus, daß er uns alles gegeben und verliehen hat,
was im Himmel und auf Erden ist, hat er uns auch seinen Sohn und Heiligen Geist
79 Im 16. Jahrhundert mit der Bedeutung „Körper“.
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