Die Bekenntnisschriften - page 390

Der Große Katechismus
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den, was auch der Teufel haben will und mit allen Kräften dazu hilft. Denn er fühlt
wohl, was es ihm für Leid und Schaden antut, wenn das Beten recht im Schwang
geht
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Denn das sollen wir wissen, daß all unser Schirm und Schutz allein im Gebet besteht.
Denn wir sind gegenüber dem Teufel samt seiner Macht und seinem Anhang, die sich
gegen uns legen, viel zu schwach, so daß sie uns wohl mit Füßen zertreten könnten.
Darum müssen wir darauf sehen und zu den Waffen greifen, mit denen die Christen
gerüstet sein sollen, um gegen den Teufel zu bestehen. Denn was, meinst du, hat bis-
her so große Dinge ausgerichtet und hat das Beratschlagen und Vorhaben, Mord und
Aufruhr unserer Feinde abgewehrt oder gedämpft, wodurch der Teufel dachte, uns
samt dem Evangelium zu unterdrücken, wenn nicht die Gebete einiger frommer Leute
als eine eiserne Mauer auf unserer Seite dazwischengekommen wären? Sie hätten
sonst selbst ein ganz anderes Spiel gesehen, wie der Teufel ganz Deutschland in sei-
nem eigenen Blut verdorben hätte. Jetzt aber mögen sie es getrost verlachen und ih-
ren Spott haben. Wir wollen aber dennoch sowohl ihnen als auch dem Teufel gegen-
über allein durch das Beten Manns genug sein, wenn wir nur uns fleißig daran halten
und nicht nachlässig werden. Denn wo irgendein frommer Christ bittet: „Lieber Va-
ter, laß doch deinen Willen geschehen“, so spricht er droben: „Ja, liebes Kind, es soll
gewiß sein und geschehen, dem Teufel und aller Welt zum Trotz.“
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Das sei nur zur Ermahnung gesagt, daß man vor allen Dingen lerne, das Beten groß
und teuer zu achten, und den rechten Unterschied wisse zwischen dem Plappern und
dem um etwas Bitten. Denn wir verwerfen keineswegs das Beten, sondern das ganze
unnütze Geheule und Gemurmel verwerfen wir, wie auch Christus selbst das lange
Gewäsch verwirft und verbietet. Nun wollen wir das Vaterunser aufs kürzeste und
klarste behandeln. Da ist nun in sieben Artikeln oder Bitten alle Not erfaßt, die uns
unablässig betrifft. Und eine jede ist so groß, daß sie uns treiben sollte, unser Leben
lang daran zu bitten.
Die erste Bitte
Geheiligt werde dein Name.
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Das ist nun eine etwas dunkle Sprache und nicht in gutem Deutsch geredet, denn in
unserer Muttersprache würden wir so sprechen: „Himmlischer Vater, hilf, daß nur
dein Name heilig sein möge.“ Was bedeutet es nun zu beten, daß sein Name heilig
werde? Ist er nicht von sich aus heilig? Antwort: Ja, er ist allezeit heilig in seinem
Wesen, aber in unserem Gebrauch ist er nicht heilig. Denn Gottes Name ist uns ge-
geben, weil wir Christen geworden und getauft sind, so daß wir Gottes Kinder heißen
und die Sakramente haben, wodurch er uns mit sich zu einem Leib macht, so daß
alles, was Gottes ist, zu unserem Gebrauch dienen soll. Da ist nun das große Erfor-
80 Nominalbildung zu schwingen: blühen, in voller Blüte sein.
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