Der Große Katechismus
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von abfällt und sündigt, haben wir doch immer einen Zugang zu ihr, um den alten
Menschen wieder zu unterwerfen. Aber mit dem Wasser muß man uns nicht mehr
begießen. Denn wenn man sich auch hundertmal ins Wasser senken ließe, so ist es
doch nicht mehr als die eine Taufe; die Wirkung aber und das Zeichen geht voran und
bleibt. Also ist die Buße nichts anderes als die Rückkehr und das Hinzutreten zur
Taufe, damit man das wiederholt und vorantreibt, was man zuvor angefangen und
wovon man doch wieder abgelassen hat.
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Das sage ich deshalb, damit man nicht in die Meinung verfällt, in der wir lange Zeit
gewesen sind und gedacht haben, die Taufe wäre nun hin, daß man sie nicht mehr
gebrauchen könnte, nachdem wir wieder in Sünde gefallen sind. Das liegt daran, daß
man nicht weiter sieht als auf das Werk, das einmal geschehen ist. Und es ist in
Wahrheit daher gekommen, daß Sankt Hieronymus geschrieben hat
: „Die Buße ist
die andere Planke, mit der wir aus dem Wasser schwimmen und ans Ufer kommen
müssen, nachdem das Schiff zerbrochen ist“, in das wir treten und mit dem wir über-
setzen, wenn wir in die Christenheit kommen. Damit ist nun der Gebrauch der Taufe
weggenommen, so daß sie uns nicht mehr nützen kann. So ist es nicht richtig gesagt,
denn das Schiff zerbricht nicht, weil es (wie gesagt) Gottes Ordnung und nicht unser
Ding ist. Aber das geschieht wohl, daß wir ausrutschen und herausfallen. Fällt aber
jemand heraus, der sehe zu, daß er wieder hinzuschwimme und sich daran festhalte,
bis er wieder hineinkomme und darin bleibe, wie er zuvor angefangen hatte.
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Also sieht man, wie ein höchst vortreffliches Ding es um die Taufe ist, die uns dem
Teufel aus dem Rachen reißt, uns Gott zu eigen macht, die Sünde zügelt und weg-
nimmt, danach täglich den neuen Menschen stärkt und immer weitergeht und bleibt, bis
wir aus diesem Elend zur ewigen Herrlichkeit kommen. Darum soll ein jeder die Taufe
für sein tägliches Kleid halten, in dem er immer gehen soll, so daß er sich allezeit im
Glauben und seinen Früchten finden lasse, daß er den alten Menschen niederhalte und
im neuen wachse. Denn wollen wir Christen sein, so müssen wir das Werk betreiben,
durch das wir Christen sind; fällt aber jemand davon ab, so soll er wieder hinzukom-
men. Denn wie Christus, der „Gnadenstuhl“ (Röm 3, 25; Hebr 4, 16), nicht zurück-
weicht oder uns hindert, wieder zu ihm zu kommen, auch wenn wir sündigen, so bleibt
auch all sein Schatz und seine Gabe. Wie nun einmal in der Taufe Vergebung der
Sünden erlangt ist, so bleibt sie noch täglich, solange wir leben, das heißt den alten
Menschen am Hals tragen.
Von dem Sakrament des Altars
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Wie wir von der heiligen Taufe gehört haben, so müssen wir auch von dem anderen
Sakrament reden, und zwar die drei Stücke: Was es ist, was es nützt und wer es emp-
fangen soll. Und das alles aufgrund der Worte, durch die es von Christus eingesetzt
103 Hieronymus († 420), Brief 130, an Demetrias über die Bewahrung der Jungfräulichkeit.