Die Bekenntnisschriften - page 408

Der Große Katechismus
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empfangen. Denn das hieße, das Sakrament aufs höchste zu lästern und zu schänden.
Wie kämen wir dazu [zu denken], daß Gottes Wort und Ordnung deshalb unrecht sein
und nichts gelten sollte, weil wir es unrecht gebrauchen? Darum sage ich: Hast du
nicht geglaubt, so glaube jetzt und sprich so: „Die Taufe ist wohl recht gewesen, ich
habe sie aber leider nicht recht empfangen.“ Denn auch ich selbst und alle, die sich
taufen lassen, müssen vor Gott so sprechen: „Ich komme her in meinem Glauben und
auch der anderen, dennoch kann ich nicht darauf bauen, daß ich glaube und viele
Leute für mich bitten, sondern ich baue darauf, daß es dein Wort und Befehl ist“,
ebenso wie ich zum Sakrament nicht aufgrund meines Glaubens gehe, sondern auf
Christi Wort hin. Ich sei nun stark oder schwach, das überlasse ich Gott. Das weiß ich
aber, daß er mir aufträgt hinzugehen, zu essen und zu trinken usw. und mir seinen
Leib und sein Blut schenkt. Das wird mich nicht belügen und betrügen. So handeln
wir nun auch mit der Kindertaufe. Das Kind tragen wir herbei in der Meinung und
Hoffnung, daß es glaube, und bitten, daß ihm Gott den Glauben gebe, aber darauf
taufen wir es nicht, sondern allein darauf, daß es Gott befohlen hat. Warum das?
Darum, weil wir wissen, daß Gott nicht lügt. Ich und mein Nächster und überhaupt
alle Menschen mögen täuschen und betrügen, aber Gottes Wort kann nicht täuschen.
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Darum sind es vermessene, plumpe Geister, die so folgern und schließen: Wo der
Glaube nicht recht ist, da könne auch die Taufe nicht recht sein. Das ist gerade so, als
ob ich schließen wollte: Wenn ich nicht glaube, so ist Christus nichts, oder so: Wenn
ich nicht gehorsam bin, so sind Vater, Mutter und Obrigkeit nichts. Ist das recht ge-
folgert, wo jemand nicht tut, was er tun soll, daß darum die Sache an sich nichts sein
oder gelten soll? Lieber, kehre es um und ziehe vielmehr folgenden Schluß: Eben
darum ist die Taufe etwas und recht, weil man sie nicht recht empfangen hat. Denn
wo sie an sich nicht recht wäre, könnte man sie weder mißbrauchen noch daran sün-
digen. Es heißt also: „Abusus non tollit, sed confirmat substantiam
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, „Mißbrauch
nimmt nicht hinweg das Wesen, sondern bestätigt es.“ Denn Gold bleibt nicht weni-
ger Gold, auch wenn es eine Spitzbübin mit Sünden und Schanden trägt.
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Darum sei endgültig gesagt, daß die Taufe allezeit recht und in vollem Wesen bleibt,
wenn auch nur ein Mensch getauft werden würde und dazu nicht rechtschaffen glaub-
te. Denn Gottes Ordnung und Wort läßt sich nicht von Menschen wandelbar machen
oder ändern. Sie aber, die Schwarmgeister, sind so verblendet, daß sie Gottes Wort
und Gebot nicht sehen und in der Taufe wie in der Obrigkeit nicht mehr sehen als
Wasser in einem Bach und Tropfen oder als einen anderen Menschen. Weil sie weder
Glauben noch Gehorsam sehen, soll es an sich selbst auch nichts gelten. Da ist ein
heimlicher, aufrührerischer Teufel, der gerne die Krone von der Obrigkeit reißen
wollte, um sie danach mit Füßen zu treten, und der dazu alle Werke und Ordnungen
Gottes uns verkehren und zunichte machen will. Darum müssen wir wachsam und
gerüstet sein und uns von dem Wort nicht abweisen oder abwenden lassen, damit wir
die Taufe nicht ein bloßes leeres Zeichen sein lassen, wie es die Schwärmer träumen.
102 Von Luther zitiertes Rechtssprichwort.
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