Der Große Katechismus
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Als letztes ist auch zu wissen, was die Taufe bedeutet und warum Gott eben solche
äußerlichen Zeichen und Zeremonien als das Sakrament verordnet, durch das wir erst
in die Christenheit aufgenommen werden. Das Werk aber oder die Zeremonie besteht
darin, daß man uns ins Wasser senkt, das uns ganz bedeckt, und danach wieder her-
auszieht. Diese zwei Stücke, unter das Wasser sinken und danach wieder heraus-
kommen, zeigen die Kraft und Wirkung der Taufe, die nichts anderes ist als die Tö-
tung des alten Adam, danach die Auferstehung des neuen Menschen, welche beide
unser Leben lang in uns geschehen sollen, so daß ein christliches Leben nichts ande-
res ist als eine tägliche Taufe, einmal angefangen und immer darin gegangen. Denn es
muß unablässig so geschehen, daß man immer ausfegt, was zum alten Adam gehört,
und daß hervorkomme, was zum neuen gehört. Was ist denn der alte Mensch? Das ist
der, der uns von Adam her angeboren ist, zornig, gehässig, neidisch, lüstern, geizig,
faul, hochmütig, ja ungläubig, von allen Lastern erfüllt, und der von Natur aus nichts
Gutes an sich hat. Wenn wir nun in Christi Reich kommen, soll solches täglich ab-
nehmen, so daß wir je länger, desto milder, geduldiger, sanftmütiger werden und dem
Geiz, Haß, Neid, Hochmut desto mehr Abbruch tun.
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Das ist der rechte Gebrauch der Taufe unter den Christen, der durch das Wassertau-
fen gezeigt wird. Wo nun solches nicht geschieht, sondern dem alten Menschen Zaum
und Zügel gelassen werden, daß er nur stärker wird, so heißt das, die Taufe nicht zu
gebrauchen, sondern gegen die Taufe zu streben. Denn die außerhalb von Christus
sind, können nichts anderes tun, als jeden Tag schlimmer werden, wie auch das
Sprichwort lautet und die Wahrheit ist: „Immer je ärger, je länger, je böser.“ Ist einer
vor einem Jahr stolz und geizig gewesen, so ist er heute viel geiziger und stolzer, so
daß die Untugend von Jugend auf mit ihm wächst und weitergeht. Ein kleines Kind
hat keine besondere Untugend an sich; wenn es aber aufwächst, wird es zuchtlos und
unkeusch. Kommt er in sein volles Mannesalter, so fangen die richtigen Laster an, je
länger, desto mehr. Darum lebt der „alte“ Mensch sich in seiner Natur unaufhaltsam
aus, wenn man ihm nicht durch die Kraft der Taufe wehrt und ihn zügelt.
Andererseits, wo Christen geworden sind, nimmt er täglich ab, bis er ganz untergeht.
Das heißt recht in die Taufe gekrochen und täglich wieder hervorkommen. Also ist
das äußerliche Zeichen nicht allein dazu aufgestellt, daß es kräftig wirken, sondern
auch etwas verkünden soll. Wo der Glaube mit seinen Früchten lebt, da ist es nicht
ein bloßes Zeichen, sondern ist die Wirkung dabei. Wo aber der Glaube nicht ist, da
bleibt es ein bloßes, unfruchtbares Zeichen.
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Und hier siehst du, daß die Taufe mit ihrer Kraft und ihrem Zeichen auch das dritte
Sakrament in sich einschließt, welches man die Buße genannt hat, die eigentlich
nichts anderes ist als die Taufe. Denn was heißt Buße anderes, als den alten Men-
schen mit Ernst angreifen und in ein neues Leben treten? Darum: Wenn du in der
Buße lebst, so gehst du in der Taufe, die solch neues Leben nicht nur verkündet, son-
dern auch bewirkt, anfängt und vorantreibt; denn darin wird Gnade, Geist und Kraft
gegeben, den alten Menschen herunterzudrücken, damit der neue hervorkomme und
stark werde. Darum bleibt die Taufe immerdar bestehen, und wenn auch jemand da-