Der Große Katechismus
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tauft werden
Dazu sagen wir kurz: Einfache Leute sollten die Frage ablehnen und
sie den Gelehrten zuweisen. Willst du aber antworten, so antworte so: Daß die
Kindertaufe Christus gefällt, beweist sich genügend aus seinem eigenen Werk. Gott
hat nämlich viele heilig gemacht und ihnen den Heiligen Geist gegeben, die so ge-
tauft sind. Und heutzutage gibt es noch viele, bei denen man spürt, daß sie den Heili-
gen Geist haben, an ihrer Lehre und ihrem Leben, wie es auch uns von Gottes Gnade
gegeben ist, daß wir die Schrift auslegen und Christus erkennen können, was ohne
den Heiligen Geist nicht geschehen kann. Nähme aber Gott die Kindertaufe nicht an,
würde er keinem von ihnen den Heiligen Geist oder ein Stück davon geben. Überhaupt,
es könnte seit langer Zeit bis auf diesen Tag kein Mensch auf Erden Christ sein. Weil
nun Gott die Taufe durch das Eingeben seines Heiligen Geistes bestätigt, wie man in
einigen Vätern wie dem heiligen Bernhard, Gerson, Johann Hus
und anderen wohl
spürt, und die heilige, christliche Kirche nicht untergeht bis ans Ende der Welt, so müs-
sen sie bekennen, daß die Kindertaufe Gott wohlgefällig ist. Denn er kann ja nicht ge-
gen sich selbst sein oder der Lüge und Spitzbüberei helfen und seine Gnade und seinen
Geist dazugeben. Dies ist der allerbeste und stärkste Beweis für die einfachen Leute und
Ungelehrten. Denn man wird uns diesen Artikel: „Ich glaube an die heilige, christliche
Kirche, Gemeinschaft der Heiligen“ usw. weder nehmen noch umstoßen.
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Danach sagen wir weiter, daß uns nicht das größte Gewicht darauf liegt, ob der, der
da getauft wird, glaubt oder nicht glaubt; denn deswegen wird die Taufe nicht un-
rechtmäßig. Sondern es liegt alles an Gottes Wort und Gebot. Das ist nun wohl etwas
zugespitzt, beruht aber darauf, daß ich gesagt habe, daß die Taufe nichts anderes ist
als Wasser und Gottes Wort bei- und miteinander. Das heißt, wenn das Wort bei dem
Wasser ist, so ist die Taufe rechtmäßig, auch wenn der Glaube nicht dazukommt;
denn mein Glaube macht nicht die Taufe, sondern empfängt die Taufe. Nun wird die
Taufe davon nicht unrecht, auch wenn sie nicht recht empfangen oder gebraucht wird,
weil sie (wie gesagt) nicht an unsern Glauben, sondern an das Wort gebunden ist.
Und wenn auch diesen Tag ein Jude mit Bosheit und schlechter Absicht vorbeikäme
und wir ihn mit ganzem Ernst taufen würden, sollen wir nichtsdestoweniger sagen,
daß die Taufe recht ist. Denn da ist das Wasser samt Gottes Wort, auch wenn er sie
nicht empfängt, wie er soll, ebenso wie die, die unwürdig zum Sakrament
gehen,
das rechte Sakrament empfangen, auch wenn sie es nicht glauben.
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Also siehst du, daß der Widerspruch der Rottengeister nichts ausrichtet. Denn wie
gesagt, selbst wenn die Kinder nicht glauben würden, was doch nicht so ist (wie ge-
rade bewiesen
), so wäre doch die Taufe recht, und es soll sie niemand wiedertau-
fen, ebenso wie dem Sakrament kein Abbruch getan wird, wenn jemand mit bösem
Vorsatz hinginge. Es wäre nicht zu dulden, daß er es wegen des Mißbrauchs in der-
selben Stunde abermals nähme, als hätte er nicht vorher wahrhaftig das Sakrament
98 Die Bewegung der sog. „Täufer“ lehnte die Säuglingstaufe ab; vgl. auch die „Bündige Zusammenfassung“,
Kap. XII; u. S. 246 f.
99 Bernhard von Clairvaux († 1153); Johannes Gerson († 1429); Johannes Hus († 1415).
100 Abendmahl.
101 Vgl. oben Nr. 218.