Die Bekenntnisschriften - page 485

Bündige Zusammenfassung strittiger Artikel
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„Durch Adams Fall ist ganz verderbt menschlich Natur und Wesen.
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Dieser Schaden
ist unbeschreibbar, kann nicht mit der Vernunft, sondern allein aus Gottes Wort er-
kannt werden, und niemand kann die Natur und eine solche Verderbnis der Natur von-
einander scheiden als allein Gott. Das wird erst durch den Tod in der Auferstehung
vollkommen geschehen, wenn unsere Natur, die wir jetzt haben, ohne die Erbsünde
und von ihr abgesondert und abgetrennt, auferstehen und ewig leben wird, wie Hiob
19 (v. 26 f.) geschrieben steht: „Ich werde mit dieser meiner Haut umgeben werden
und werde in meinem Fleisch Gott sehen, denselben werde ich mir sehen und meine
Augen werden ihn schauen.“
Negativa
Verwerfung der falschen Gegenlehre
1. Demnach verwerfen und verdammen wir, wenn gelehrt wird, daß die Erbsünde
allein eine Schuld aufgrund fremder Verfehlung ohne irgendeine Verderbnis unserer
Natur sei.
2. Ebenso, daß die bösen Begierden nicht Sünde, sondern der Natur anerschaffene,
wesentliche Eigenschaften seien, oder als wäre der oben genannte Mangel oder Scha-
den nicht wahrhaftig Sünde, aufgrund derer der Mensch, der von Christus getrennt ist,
ein Kind des Zorns sei.
3. Desgleichen verwerfen wir auch den pelagianischen Irrtu
m
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, durch den vorgegeben
wird, daß die Natur des Menschen auch nach dem Fall unverderbt und besonders in
geistlichen Dingen vollkommen gut und rein in ihren natürlichen Kräften geblieben
sei.
4. Ebenso, daß die Erbsünde nur ein von außen aufgespritzter, unbedeutender, gering-
fügiger Fleck oder leicht anhaftender Makel sei, unter welchem die Natur ihre guten
Kräfte auch in geistlichen Dingen behalten habe.
5. Ebenso, daß die Erbsünde nur ein äußerliches Hindernis für die guten, geistlichen
Kräfte sei und nicht ein Verlust oder Mangel an ihnen, wie wenn ein Magnet mit
Knoblauchsaft bestrichen wird, wodurch seine natürliche Kraft nicht weggenommen,
sondern allein behindert wird; oder daß dieser Makel wie ein Fleck vom Gesicht oder
wie Farbe von der Wand leicht abgewaschen werden könne.
6. Ebenso, daß im Menschen Natur und Wesen nicht ganz und gar verderbt seien,
sondern der Mensch auch in geistlichen Dingen noch etwas Gutes an sich habe, näm-
lich Frömmigkei
t
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, Geschick, Tüchtigkeit oder Vermögen, in geistlichen Dingen et-
was anzufangen, zu bewirken oder mitzuwirken.
5 Evangelisches Kirchengesangbuch, Nr. 243; im neuen Evangelischen Gesangbuch nicht mehr enthalten.
6 Der seit ca. 400 in Rom wirkende Mönch Pelagius vertrat gegen Augustin den freien Willen und das Vermögen
des Menschen zum Guten wie zum Bösen und lehnte die Erbsünde ab. Dies führte 411–431 zum sog. „Pelagiani-
schen Streit“.
7 So im Konkordienbuch Dresden 1580 gegen die Handschrift Andreaes, die hier „Fähigkeit“ liest.
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