Bündige Zusammenfassung strittiger Artikel
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sowenig ein toter Leib sich selbst lebendig machen kann zum leiblichen irdischen
Leben, sowenig kann der Mensch, der durch die Sünde geistlich tot ist, sich selbst zum
geistlichen Leben aufrichten, wie geschrieben steht (Eph 2, 5): „Da wir tot waren in
Sünden, hat er uns samt Christo lebendig gemacht.“ Darum sind wir auch aus uns
selbst „nicht tüchtig, etwas Gutes zu denken als aus uns selbst, sondern daß wir tüch-
tig sind, das ist von Gott“, 2. Kor 3 (v. 5).
3. Die Bekehrung aber bewirkt Gott, der Heilige Geist, nicht ohne Mittel, sondern er
gebraucht dazu die Predigt und das Hören des Wortes Gottes, wie geschrieben steht
Röm 1 (v. 16): „Das Evangelium ist eine Kraft Gottes, selig zu machen“; ebenso
Röm 10 (v. 17): „Der Glaube kommt aus dem Hören des Wortes Gottes.“ Und es ist
Gottes Wille, daß man sein Wort hören und nicht die Ohren verstopfen soll (Ps 95, 7 f.).
Bei diesem Wort ist der Heilige Geist gegenwärtig und öffnet die Herzen, daß sie, wie
Lydia in Apg 16 (v. 14), darauf achthaben und so allein durch die Gnade und Kraft
des Heiligen Geistes bekehrt werden, dessen Werk allein die Bekehrung des Men-
schen ist. Denn ohne seine Gnade ist unser „Wollen und Laufen“ (Röm 9, 16), unser
„Pflanzen, Säen und Begießen“ alles nichts, wenn er nicht „das Gedeihen dazu verleiht“
(1. Kor 3, 7), wie Christus sagt: „Ohne mich vermögt ihr nichts“ (Joh 15, 5). Mit diesen
kurzen Worten spricht er dem freien Willen seine Kräfte ab und schreibt alles der Gnade
Gottes zu, damit sich nicht jemand vor Gott rühmen möge, 1. Kor 9 (v. 16).
Negativa
Widerstreitende, falsche Lehre
Demnach verwerfen und verdammen wir alle nachfolgenden Irrtümer als der Richt-
schnur des Wortes Gottes widersprechend:
1. Die Erfindung der Philosophen, die man Stoiker
genannt hat, wie auch die der
Manichäer
, die gelehrt haben, daß alles, was geschieht, so geschehen müsse und
nicht anders geschehen könne, und daß der Mensch alles, was er auch in äußerlichen
Dingen unternehme, aus Zwang tue und zu bösen Werken und Taten, wie Unzucht,
Raub, Mord, Diebstahl und dergleichen, gezwungen werde.
2. Wir verwerfen auch den Irrtum der Pelagiane
, die gelehrt haben, daß der Mensch
sich aus eigenen Kräften, ohne die Gnade des Heiligen Geistes selbst zu Gott bekeh-
ren, dem Evangelium glauben, dem Gesetz Gottes von Herzen gehorsam sein und also
Vergebung der Sünden und ewiges Leben verdienen könne.
12 Die philosophische Schule der Stoa wurde im 4. vorchristlichen Jahrhundert von Zenon begründet. Im 16. Jahr-
hundert sah man das Hauptcharakteristikum der Stoiker in ihrer Lehre von der absoluten Notwendigkeit.
13 Vgl. oben Anm. 8.
14 Vgl. oben Anm. 6. Die Konkordienformel unterscheidet zwischen „groben“ und „halben“ Pelagianern; hier in
Abschnitt 2 und 3 gemäß der gängigen Terminologie wiedergegeben durch Pelagianer und Semipelagianer.