Die Bekenntnisschriften - page 522

Die Barmer Theologische Erklärung
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mitten in der Welt der Sünde als die Kirche der begnadigten Sünder zu bezeugen, daß
sie allein sein Eigentum ist, allein von seinem Trost und von seiner Weisung in Er-
wartung seiner Erscheinung lebt und leben möchte
.
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Wir verwerfen die falsche Lehre, als dürfe die Kirche die Gestalt ihrer Botschaft und
ihrer Ordnung ihrem Belieben oder dem Wechsel der jeweils herrschenden weltan-
schaulichen und politischen Überzeugungen überlassen.
4. „Ihr wisset, daß die weltlichen Fürsten herrschen, und die Oberherren haben
Gewalt. So soll es nicht sein unter euch; sondern so jemand will unter euch groß
sein, der sei euer Diener“ (Mt 20, 25–26).
Die verschiedenen Ämter in der Kirche begründen keine Herrschaft der einen über die
anderen, sondern die Ausübung des der ganzen Gemeinde anvertrauten und be-
fohlenen Dienstes.
Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und dürfe sich die Kirche abseits von die-
sem Dienst besondere, mit Herrschaftsbefugnissen ausgestattete Führer geben oder
geben lassen.
5. „Fürchtet Gott, ehret den König“ (1. Petr 2, 17).
Die Schrift sagt uns, daß der Staat nach göttlicher Anordnung die Aufgabe hat, in der
noch nicht erlösten Welt, in der auch die Kirche steht, nach dem Maß menschlicher
Einsicht und menschlichen Vermögens unter Androhung und Ausübung von Gewalt
für Recht und Frieden zu sorgen. Die Kirche erkennt in Dank und Ehrfurcht gegen
Gott die Wohltat dieser seiner Anordnung an. Sie erinnert an Gottes Reich, an Gottes
Gebot und Gerechtigkeit und damit an die Verantwortung der Regierenden und Re-
gierten. Sie vertraut und gehorcht der Kraft des Wortes, durch das Gott alle Dinge
trägt.
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Wir verwerfen die falsche Lehre, als solle und könne der Staat über seinen besonde-
ren Auftrag hinaus die einzige und totale Ordnung menschlichen Lebens werden und
also auch die Bestimmung der Kirche erfüllen. Wir verwerfen die falsche Lehre, als
solle und könne sich die Kirche über ihren besonderen Auftrag hinaus staatliche Art,
staatliche Aufgaben und staatliche Würde aneignen und damit selbst zu einem Organ
des Staates werden.
5 Die Wendung „in Wort und Sakrament durch den Heiligen Geist“ wurde auf der Synode dem Entwurf von Barth
und Asmussen hinzugefügt. „Wort und Sakrament“ gab ein lutherisches Anliegen wieder; die Reformierten er-
gänzten „durch den Heiligen Geist“.
6 Im ersten Satz der These wurde auf der Synode das Wort „Sicherheit“ aus der Vorlage in „Frieden“ verändert.
Den zweiten Satz hat Karl Barth neu formuliert, um das lutherische Anliegen der positiven Haltung der Kirche
gegenüber dem Staat stärker zu betonen („Wohltat“!). Der in der Vorlage enthaltene Gedanke der „Fürbitte“ der
Kirche für den Staat fiel aus unerklärlichen Gründen weg. Der Schlußsatz („Sie vertraut …“) mit der Bezugnahme
auf Hebr 1, 3 wurde neu hinzugefügt.
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