Die Bekenntnisschriften - page 513

Bündige Zusammenfassung strittiger Artikel
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Bin ich nicht zum ewigen Leben erwählt, so hilft es nichts, wenn ich auch Gutes tue;
es ist doch alles umsonst.
9. Die wahre Bedeutung der Prädestination dagegen muß allein aus dem heiligen
Evangelium von Christus gelernt werden, in dem klar bezeugt wird, wie „Gott alles
unter den Unglauben beschlossen hat, auf daß er sich aller erbarme“ (Röm 11, 32),
und nicht will, daß jemand verlorengehe, sondern daß sich „jeder zur Buße bekehre“
und an den Herrn Christus glaube (Hes 33, 11; 18, 23; 1. Tim 2, 4; 2. Petr 3, 9).
10. Demjenigen, der nun also nach dem offenbarten Willen Gottes fragt und der Ord-
nung nachgeht, die Sankt Paulus im Brief an die Römer eingehalten hat, indem er
zuvor die Menschen zur Buße, zur Erkenntnis der Sünden, zum Glauben an Christus
und zum Gehorsam Gott gegenüber führt, ehe er von dem Geheimnis der ewigen Wahl
Gottes redet (Röm 1–11), für den ist diese Lehre nützlich und tröstlich.
11. Daß aber „viele berufen und wenige auserwählt“ sind (Mt 20, 16; 22, 14), bedeu-
tet nicht, daß Gott etwa nicht jedermann selig machen wolle. Vielmehr ist dafür die
Ursache, daß die Menschen Gottes Wort entweder gar nicht hören, sondern mutwillig
verachten, die Ohren und ihr Herz verstocken und so dem Heiligen Geist den ordent-
lichen Weg verstellen, so daß er in ihnen sein Werk nicht verrichten kann, oder, wenn
sie das Wort gehört haben, daß sie es wieder in den Wind schlagen und es nicht beach-
ten. Daran ist nicht Gott oder seine Wahl, sondern ihre Schlechtigkeit schuld (2. Petr
2, 1; Lk 11, 47–52; Hebr 12, 15–17.25).
12. Und nur soweit soll ein Christ über den Artikel von der ewigen Wahl Gottes nach-
denken, wie sie im Wort Gottes offenbart ist. Dieses
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hält uns den Herrn Christus als
das „Buch des Lebens“
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vor Augen, das er uns durch die Predigt des heiligen Evan-
geliums aufschließt und offenbart, wie geschrieben steht: „Welche er erwählt hat, die
hat er auch berufen“ (Röm 8, 30). In Christus sollen wir die ewige Wahl des Vaters zu
ergründen suchen, der in seinem ewigen göttlichen Rat beschlossen hat, daß er außer
denen, die seinen Sohn Christus erkennen und wahrhaftig an ihn glauben, niemand
selig machen will. Andere Gedanken sollen wir von uns weisen, denn sie kommen
nicht aus Gott, sondern aus der Eingebung des bösen Feindes, durch welche er sich
daranmacht, uns den herrlichen Trost zu schwächen oder gar zu nehmen, den wir in
dieser heilsamen Lehre haben, daß wir nämlich wissen, wie wir aus lauter Gnade ohne
all unser Verdienst in Christus zum ewigen Leben erwählt sind und daß uns niemand
aus seiner Hand reißen kann. Diese gnädige Erwählung sagt Christus nicht allein mit
bloßen Worten zu, sondern hat sie auch mit dem Eid bekräftigt und mit den heiligen
Sakramenten besiegelt, deren wir uns in unseren größten Anfechtungen erin-nern und
trösten und damit die feurigen Pfeile des Teufels auslöschen können.
44 Die Handschrift Andreaes und auch das Konkordienbuch Dresden 1580 lesen hier „welche“ und stellen so den
Bezug auf die Wahl Gottes her. Hier wird nach dem Vorbild der lateinischen Übersetzung und weiterer deutscher
Abschriften korrigiert, um das „Wort Gottes“ als Subjekt des Satzes aufzunehmen. Dies steht in Übereinstim-
mung mit der Aussage des gesamten Abschnitts.
45 Vgl. oben Absatz 6.
1...,503,504,505,506,507,508,509,510,511,512 514,515,516,517,518,519,520,521,522,523,...549
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