Die Bekenntnisschriften - page 75

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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[CR 419] [141]
Verteidigung des Bekenntnisses
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[Vorrede]
Philipp Melanchthon grüßt den Leser
[Vorgeschichte der Verteidigung]
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Nachdem das Bekenntnis unserer Fürsten öffentlich verlesen worden war, haben ei-
nige Theologen und Mönche eine „Widerlegung“ unserer Schrift zusammengestellt,
2
für deren Verlesung der Kaiser dann gleichfalls sorgte. Von unseren Fürsten forderte
er, dieser Widerlegung zuzustimmen. Die Unseren aber hatten gehört, daß viele Arti-
kel mißbilligt worden wären, deren Verwerfung sie guten Gewissens nicht hinneh-
men konnten. Deshalb baten sie um eine Abschrift der Widerlegung, sowohl um se-
hen zu können, was die Gegner verwürfen, als auch um ihre Argumente zurückweisen
zu können. Sie nahmen an, daß die Gegner ihnen in einer solch wichtigen Sache, die
die Religion und die Unterrichtung der Gewissen betrifft, ihre Schrift anstandslos zur
Verfügung stellen würden. Aber die Unseren konnten dies nur unter derart
gefährlichen Bedingungen erreichen, daß sie diese nicht annehmen konnten,
wenn sie
sich nicht ins sichere Verderben stürzen wollten
.
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[142] Danach wurde ein
Vermittlungsversuch unternommen, bei dem es sich erwies, daß sich die Unseren
keiner noch so beschwerlichen Last verweigerten, sofern sie diese nur ohne Verlet-
zung des Gewissens auf sich nehmen konnten. Die Gegner aber forderten hartnäckig,
wir sollten bestimmte offenkundige Mißbräuche und Irrtümer billigen. Da wir das
nicht tun konnten, verlangte die Kaiserliche Majestät ein zweites Mal, daß unsere
Fürsten der Konfutation zustimmen sollten. Dies lehnten unsere Fürsten ab.
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Denn
wie sollten wir in Sachen der Religion einer Schrift zustimmen, die wir nicht einsehen
durften? Auch hatten sie gehört, daß auch solche Artikel verworfen worden waren,
bei denen sie die Urteile der Gegner nicht ohne Frevel billigen konnten.
1 Lateinischer Titel: Apologia confessionis.
2 Vgl. die Einleitung. – Die „Widerlegung“ (lat.: Confutatio, künftig mit „Konfutation“ wiedergegeben) des Augs-
burger Bekenntnisses war auf Veranlassung Kaiser Karls V. zusammengestellt worden. An ihrer Abfassung
mitgewirkt hatten etwa 20 altgläubige Theologen, darunter – als die wichtigsten – Johannes Eck, Johann Fabri,
Johann Cochlaeus, Johannes Dietenberger und Konrad Wimpina.
3 Der Kaiser hatte schon am 5. August 1530 erkennen lassen, daß er nicht gewillt war, den Lutherischen die
Möglichkeit einer neuerlichen schriftlichen Äußerung einzuräumen. Er verlangte eine Einigung auf der
Grundlage der (für die Lutherischen unannehmbaren) Konfutation.
4 Dies geschah (in schriftlicher Form) am 9. und am 13. August 1530.
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