Die Bekenntnisschriften - page 105

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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daß die Herzen durchs Gesetz erschreckt werden, aber durch den Glauben Trost
empfangen. Und er lehrt, daß wir zunächst durch Glauben die Barmherzigkeit ergrei-
fen sollen, ehe wir das Gesetz zu erfüllen versuchen. Wir werden schon bald noch
weiteres zitieren.
[CR 446] Es ist wirklich merkwürdig, daß sich die Gegner durch so viele Schrift-
worte nicht beeindrucken lassen, die deutlich die Rechtfertigung dem Glauben zu-,
den Werken aber absprechen. Meinen sie denn, dasselbe werde ohne Grund so oft
wiederholt? Oder glauben sie gar, dem Heiligen Geist seien diese Worte unbemerkt
herausgerutscht?
[Rechtfertigende Liebe als „geformter Glaube“?]
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Aber sie haben sich noch eine weitere Spitzfindigkeit erdacht, mit der sie ihr Spiel
treiben. Sie behaupten nämlich, die Rechtfertigung müsse durch den „geformten
Glauben“ empfangen werden, d. h., sie schreiben sie dem Glauben nur um der Liebe
willen zu. Vielmehr überhaupt nicht dem Glauben, [183] sondern nur der Liebe wei-
sen sie die Rechtfertigung zu. Sie faseln nämlich, der Glaube könne zusammen mit
einer Todsünde bestehen. Wohin führt dies, wenn nicht dazu, daß sie die Verheißung
wieder austilgen und zum Gesetz zurückkehren? Wenn der Glaube die Vergebung der
Sünden nur um der Liebe willen empfängt, so wird die Vergebung der Sünden immer
ungewiß sein. Lieben wir doch nie so viel, wie wir müßten! Vielmehr lieben wir nur,
wenn die Herzen ganz fest davon überzeugt sind, daß uns die Vergebung der Sünden
geschenkt worden ist. Indem die Gegner bei der Sündenvergebung und Rechtferti-
gung
eigentlich
das Vertrauen auf die Liebe fordern, löschen sie das Evangelium von
der geschenkten Vergebung der Sünden ganz wieder aus – obwohl sie doch diese
Liebe weder zeigen noch begreifen können, wenn sie nicht glauben, daß die Sünden-
vergebung umsonst empfangen wird.
[Liebe folgt dem rechtfertigenden Glauben]
Auch wir sagen, daß die Liebe dem Glauben folgen muß, so, wie auch Paulus es sagt:
„In Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, sondern
der Glaube, der durch die Liebe tätig ist“ (Gal 5, 6). Man darf deshalb aber nicht
meinen, daß wir durch das Vertrauen auf diese Liebe oder wegen dieser Liebe die
Sündenvergebung und die Versöhnung empfangen. Ebenso empfangen wir die Sün-
denvergebung auch nicht wegen anderer nachfolgender Werke. Sondern allein durch
den Glauben, und zwar den Glauben im eigentlichen Sinne, wird Vergebung der
Sünden empfangen, weil die Verheißung nur durch den Glauben empfangen werden
kann. Es ist aber der Glaube im eigentlichen Sinne, der der Verheißung zustimmt; von
diesem Glauben spricht die Schrift. Und weil er die Vergebung der Sünden empfängt
und uns mit Gott versöhnt, so werden wir zuerst durch diesen Glauben um Christi
willen für gerecht gehalten, bevor wir lieben und das Gesetz erfüllen – wenngleich
auch gilt, daß die Liebe notwendig nachfolgt. Dieser Glaube ist aber weder ein
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