Die Bekenntnisschriften - page 114

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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oftmals ein, im Psalm: „Geh nicht ins Gericht mit deinem Knecht; denn vor dir ist
kein Lebendiger gerecht“ (Ps 143, 2). Hier entzieht er einfach allen – auch den Hei-
ligen und den Dienern Gottes! – den Ruhm der Gerechtigkeit, wenn Gott nicht ver-
zeiht, sondern richtet und ihre Herzen anklagt. Denn wenn er sich andernorts seiner
Gerechtigkeit rühmt, spricht er von seiner Sache wider die Verfolger des Wortes
Gottes; er spricht nicht von seiner persönlichen Reinheit; und er bittet darum, die
Sache und die Ehre Gottes zu verteidigen, wie Ps 7 (v. 9): „Schaffe mir Recht, Herr,
nach meiner Gerechtigkeit“ usw. An anderer Stelle: „Schaffe mir Recht, Herr, und
führe meine Sache“ (Ps 43, 1). Wiederum lehrt er Ps 129, niemand könne den
Richtspruch Gottes ertragen, wenn der unsere Sünden ansieht. „Wenn du, Herr, Sün-
den anrechnen willst – Herr, wer wird bestehen?“ (Ps 130, 3). Und Hi 9 (v. 28): „Ich
fürchtete alle meine Werke.“ Ebenso: „Wenn ich mich auch mit Schneewasser wü-
sche und reinigte meine Hände mit Lauge, so wirst du mich doch eintauchen in die
Grube“ (Hi 9, 30 f.). Und Spr 20 (v. 9): „Wer kann sagen: Mein Herz ist rein?“ Und
1. Joh 1 (v. 8): „Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst,
und die Wahrheit ist nicht in uns.“ Und im Vaterunser erbitten die Heiligen die Verge-
bung der Sünden. Auch die Heiligen haben also Sünden. Im 4. Buch Mose (14, 18 [?])
[steht]: „Auch der Unschuldige wird nicht unschuldig sein.“ Und Sacharja sagt:
„Alles Fleisch sei stille vor dem Herrn“ (Sach 2, 17). Und Jesaja: „Alles Fleisch ist
Gras, und alle seine Güte ist wie eine Blume auf dem Felde. Das Gras verdorrt, die
Blume verwelkt; denn des Herrn Odem bläst darein“ (Jes 40, 6 f.). Das heißt: Das
Fleisch und die Gerechtigkeit des Fleisches können den Richtspruch Gottes nicht
ertragen. Und Jona sagt Kapitel 2 (v. 9): „Die sich halten an das Nichtige, verlassen
ihre Gnade.“ Das heißt: Alles Vertrauen ist vergeblich, mit Ausnahme des Vertrau-
ens auf die Barmherzigkeit. Die Barmherzigkeit bewahrt uns; eigene Werke, eigene
Unternehmungen bewahren uns nicht. Diese und ähnliche Sätze in der Heiligen
Schrift bezeugen, daß unsere Werke unrein sind und der Barmherzigkeit bedürfen.
Deshalb geben uns nicht die Werke ruhige Gewissen, sondern die durch den Glauben
ergriffene Barmherzigkeit.
[Für immer angewiesen auf Christus als Mittler und auf Sündenvergebung]
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Viertens. Christus hört nicht auf, Mittler zu sein, nachdem wir erneuert sind. Es irren
die, die behaupten, er habe nur die „erste Gnade“ verdient, danach würden wir
durch unsere Erfüllung des Gesetzes gefallen und das ewige Leben verdienen. Chri-
stus bleibt der Mittler, und wir müssen immer darauf bauen, daß wir um seinetwillen
einen versöhnten Gott haben, obwohl wir unwürdig sind. So sagt Paulus: „Durch ihn
haben wir den Zugang zu Gott durch Glauben“ (Röm 5, 1 f.). Denn unsere Gesetzes-
erfüllung ist, wie wir gesagt haben, unrein, weil unsere Natur schrecklich verdorben
ist. Darum sagt der Psalm: „Selig sind die, denen die Ungerechtigkeiten vergeben
sind“ (Ps 32, 1). Deshalb brauchen wir die Sündenvergebung auch dann, wenn wir
gute Werke haben. Jene Sündenvergebung aber wird immer im Glauben ergriffen. So
bleibt Christus der Priester und Mittler. Es gefällt also jene Gesetzeserfüllung nicht
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