Die Bekenntnisschriften - page 107

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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[Das ins Herz geschriebene Gesetz]
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Beim Propheten steht geschrieben: „Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben“ (Jer 31, 33).
Und Röm 3 (v. 31) sagt Paulus: „Das Gesetz wird durch den Glauben aufgerichtet,
nicht aber aufgehoben.“ Und Christus sagt: „Willst du aber zum Leben eingehen, so
halte die Gebote“ (Mt 19, 17). Ebenso: „Wenn ich die Liebe nicht hätte, so wäre ich
nichts“ (1. Kor 13, 2). – Diese und ähnliche Worte bezeugen, daß das Gesetz in uns
anfangen und immer größer werden muß. Wir sprechen aber dabei nicht von den
Zeremonien, sondern von dem Gesetz, das über Herzensregungen gebietet, also von
den Zehn Geboten. Da aber der Glaube den Heiligen Geist bringt und das neue Leben
in den Herzen gebiert, bringt er notwendig geistliche Regungen in den Herzen hervor.
Und was das für Regungen sind, zeigt der Prophet, wenn er spricht: „Ich will mein
Gesetz in ihre Herzen geben“ (Jer 31, 33). Nachdem wir also durch den Glauben
gerechtfertigt und wiedergeboren sind, beginnen wir, Gott zu fürchten, zu lieben,
Hilfe von ihm zu erbitten und zu erwarten, ihm Dank zu sagen und ihn zu preisen und
ihm in den Anfechtungen zu gehorchen. Wir beginnen auch, unsere Nächsten zu lie-
ben, weil die Herzen geistliche und heilige Regungen haben.
[CR 448] Dies kann nur geschehen, wenn wir zuvor durch den Glauben gerechtfer-
tigt sind und als Wiedergeborene den Heiligen Geist empfangen. Erstens weil das
Gesetz nicht ohne Christus erfüllt werden kann. Ebenso kann es nicht ohne den Hei-
ligen Geist erfüllt werden. Der Heilige Geist aber wird durch den Glauben empfan-
gen, nach jenem Wort des Paulus, Gal 3 (v. 14): „Damit wir den verheißenen Geist
empfingen durch den Glauben.“ Und außerdem: Wie kann ein menschliches Herz
Gott lieben, wenn es glaubt, daß er schrecklich zornig ist und uns durch zeitliches und
ewiges Unglück bedrängt? Das Gesetz aber klagt uns immer an; immer zeigt es uns,
daß Gott zürnt. Daher wird Gott nur geliebt, [186] nachdem wir durch den Glauben
die Barmherzigkeit ergriffen haben. So erst wird Gott ein liebenswertes Gegenüber.
[Verkanntes und erkanntes Gesetz]
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Obwohl daher die weltlichen Werke, d. h. die äußeren Werke des Gesetzes, zumindest
teilweise ohne Christus und den Heiligen Geist geschehen können, so wird daraus
doch klar, was wir gesagt haben: Die Werke, die im eigentlichen Sinne Werke des
göttlichen Gesetzes sind (d. h. Regungen des Herzens gegenüber Gott, die durch die
erste Tafel der Zehn Gebote gefordert werden), können nicht ohne den Heiligen Geist
geschehen. Aber unsere Gegner sind feine Theologen; sie schauen auf die zweite
Tafel und die politischen Werke; um die erste kümmern sie sich nicht, so als beträfe
sie die Sache nicht, oder sie fordern überhaupt nur äußere Handlungen. Jenes ewige
Gesetz aber, das das Fühlen und Denken aller Kreaturen weit übersteigt – „Du sollst
den Herrn, deinen Gott, liebhaben von ganzem Herzen“ (5. Mose 6, 5) – bedenken sie
überhaupt nicht.
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