Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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geschieht, wenn sie der Verheißung Christi glauben, daß wir um seinetwillen die
Vergebung der Sünden erlangen. Dieser Glaube, der uns in jenen Ängsten aufrichtet
und tröstet, empfängt die Vergebung der Sünden, rechtfertigt und macht lebendig.
Denn jener Trost ist ein neues und geistliches Leben. All dies ist klar und durchsich-
tig. Es kann von frommen Menschen erkannt werden und hat das Zeugnis der Kirche
für sich. Die Gegner können nirgends erklären, wie der Heilige Geist gegeben wird.
Sie erdichten deshalb, die Sakramente brächten den Heiligen Geist durch ihren Voll-
zug, ohne gute Regung dessen, der das Sakrament empfängt, als wäre das Geschenk
des Heiligen Geistes eine unnötige Sache.
[Glaube bedeutet: Kommen des Heiligen Geistes]
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[173] Wir aber reden von einem Glauben, der kein kraftloser Gedanke ist, sondern
vom Tode befreit, [CR 439] neues Leben in den Herzen schafft und ein Werk des
Heiligen Geistes ist. Er kann nicht zusammen mit einer Todsünde bestehen, sondern
solange er da ist, schafft er gute Früchte, wie wir hernach erläutern werden.
Wie läßt sich einfacher und klarer über die Umkehr des Gottlosen oder den Vor-
gang der Wiedergeburt reden? Mögen sie uns doch nur einen einzigen Sentenzen-
kommentar
aus dem ganzen Haufen ihrer Schriften bringen, der etwas von der Art
der Wiedergeburt sagen würde! Wenn sie über den „Zustand der Liebe“ reden, dann
erdichten sie
, daß
die Menschen den Heiligen Geist
durch Werke verdienen. Sie leh-
ren nicht, daß er durchs Wort empfangen wird. So lehren es derzeit auch die Täufer!
Aber mit Gott kann man nicht in Beziehung treten, Gott kann man nicht ergreifen, es
sei denn durch das Wort. Deshalb erfolgt die Rechtfertigung durch das Wort, wie
Paulus sagt: „Das Evangelium ist eine Kraft Gottes zum Heil für alle, die daran glau-
ben“ (Röm 1, 16). Ebenso: „Der Glaube kommt aus der Predigt“ (Röm 10, 17). Auch
hieraus läßt sich der Beweis entnehmen, daß der Glaube rechtfertigt. Denn wenn die
Rechtfertigung durch das Wort geschieht und das Wort nur durch den Glauben ergrif-
fen wird, folgt daraus, daß der Glaube rechtfertigt. Aber es gibt noch andere stärkere
Argumente. – Dies haben wir bis hierher dargelegt, um die Art der Wiedergeburt zu
zeigen und verständlich zu machen, was für ein Glaube es ist, von dem wir reden.
[Nur durch den Glauben hat man Christus als Mittler]
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Jetzt wollen wir zeigen, daß der Glaube rechtfertigt. Zuerst sind die Leser daran zu
erinnern: Wie es notwendig ist, daran festzuhalten, daß Christus der Mittler ist, so
muß auch der folgende Satz aufrechterhalten werden: „Der Glaube rechtfertigt.“ Denn
wie könnte Christus der Mittler sein, wenn wir ihn in der Rechtfertigung nicht als
Mittler brauchen, wenn wir nicht glaubten, daß wir um seinetwillen für gerecht
gehalten werden? Das aber heißt [174] „zu glauben“: „auf die Verdienste Christi zu
36 Kommentare zu den „Vier Bücher Sentenzen“ des Petrus Lombardus († 1160), eine vom 12. bis 15. Jahrhundert
häufige Gattung theologischer Schriften.