Die Bekenntnisschriften - page 95

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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[Schriftbeweis für den empfangenden Glauben]
Und dieser Kult, dieser Gottesdienst wird von den Propheten und in den Psalmen
durchweg hoch gepriesen, obwohl doch das Gesetz die umsonst geschenkte Sünden-
vergebung nicht lehrt. Aber die Erzväter kannten die Verheißung über Christus, daß
nämlich Gott um Christi willen die Sünden vergeben will. Weil sie so erkannten, daß
Christus das Lösegeld für unsere Sünden sein würde, deshalb wußten sie auch, daß
unsere Werke nicht das Entgelt für eine solch große Sache sind. Im Glauben empfin-
gen sie deshalb auch die umsonst geschenkte Barmherzigkeit und die Vergebung der
Sünden – ganz so wie die Heiligen im Neuen Testament. Hierauf beziehen sich auch
all die zahlreichen Erwähnungen der Barmherzigkeit und des Glaubens in den Psal-
men und bei den Propheten, wie z. B. diese: „Wenn du, Herr, Sünden anrechnen
willst – Herr, wer wird bestehen?“ (Ps 130, 3) Hier bekennt [David] seine Sünden und
bringt nicht seine Verdienste vor. Und er fügt hinzu: „Denn bei dir ist die Verge-
bung“ (Ps 130, 4). Hier richtet er sich wieder auf, und zwar im Vertrauen auf die
Barmherzigkeit Gottes. Und er führt die Verheißung an: „Meine Seele harrt auf sein
Wort, meine Seele hofft auf den Herrn.“ (Ps 130, 5) Das heißt: „Weil du [, Gott,] die
Vergebung der Sünden versprochen hast, werde ich sie durch diese deine Verheißung
erhalten.“
[Vertiefung des Schriftbeweises
]
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Und Paulus schreibt über Abraham: „Abraham hat Gott geglaubt, und das ist ihm
zur Gerechtigkeit gerechnet worden“ (Röm 4, 3; Gal 3, 6; Jak 2, 23; vgl. 1. Mose 15, 6),
d. h., Abraham hat geglaubt, er habe allein um der Verheißung willen einen gnädi-
gen Gott. Er hat der Verheißung Gottes zugestimmt, und er hat es nicht hingenom-
men, aus ihr herausgerissen zu werden, auch wenn es so erschien, als sei er unrein
und unwürdig. Er glaubte, Gott halte sein Versprechen um seiner Wahrhaftigkeit
willen aufrecht, nicht wegen unserer Werke oder Verdienste. Auch können die er-
schrockenen Herzen keinen Frieden finden, wenn sie denken müssen, sie gefielen um
eigener Werke, Liebe oder Erfüllung des Gesetzes willen, weil im Fleisch die Sünde
steckt, die uns immer anklagt. Die Herzen kommen aber dann zur Ruhe, wenn sie sich
in jenen Schrecken darauf verlassen, daß wir Gott deshalb gefallen, weil er es verhei-
ßen hat, und [daran glauben,] daß er seine Versprechen um seiner Wahrhaftigkeit will-
len aufrecht erhält, nicht wegen unserer Würdigkeit. So hat Abraham folgende Stimme
vernommen: „Fürchte dich nicht, Abram! Ich bin dein Schild“ (1. Mose 15, 1) usw.
Daraufhin hat er sich aufgerichtet und geglaubt, Gott sei ihm gnädig, nicht weil er
selbst das verdient hätte, sondern weil man Gottes Verheißung notwendig für wahr
halten muß. Dieser Glaube also wird ihm zur Gerechtigkeit angerechnet, d. h., weil er
der Verheißung zustimmt und die angebotene Versöhnung ergreift, ist er wahrhaft
schon gerecht und angenehm bei Gott, nicht um seiner eigenen Würdigkeit willen,
sondern weil er die umsonst geschenkte Verheißung Gottes ergreift. Dieses Beispiel
35 Einschub der Oktavausgabe in den Text der Editio princeps.
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