Die Bekenntnisschriften - page 108

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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[Erfüllbarkeit des Gesetzes durch Christus und den Heiligen Geist]
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Aber Christus ist uns dazu gegeben, daß uns um seinetwillen die Sündenvergebung
und der Heilige Geist geschenkt werden, der ein neues und ewiges Leben und ewige
Gerechtigkeit in uns hervorbringen soll.
Zuerst zeigt Christus, wie Joh 16 (v. 14)
geschrieben steht: „Er wird mich verherrlichen; denn von dem Meinen wird er’s
nehmen und euch verkündigen.“ Danach führt er auch andere Güter an: die Liebe,
die Anrufung, Danksagung, Keuschheit, Geduld usw.
Deshalb kann das Gesetz
tatsächlich nur dann erfüllt werden, wenn wir zuvor durch den Glauben den Heiligen
Geist empfangen haben. Daher sagt Paulus, daß das Gesetz durch den Glauben auf-
gerichtet, nicht aufgehoben wird (Röm 3, 31), weil das Gesetz erst erfüllt werden
kann, wenn der Heilige Geist da ist. Auch lehrt Paulus 2. Kor 3: Die Decke, die das
Gesicht des Mose verhüllt hat, kann nur fortgenommen werden durch den Glauben an
Christus, durch welchen der Heilige Geist empfangen wird. Denn so sagt er: „Aber
bis auf den heutigen Tag, wenn Mose gelesen wird, hängt die Decke vor ihrem Her-
zen. Wenn sie sich zu Gott bekehren werden, so wird die Decke abgetan. Der Herr ist
der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit“ (2. Kor 3, 15–17). Unter
der Decke versteht Paulus hier die menschliche Meinung über das ganze Gesetz, über
die Zehn Gebote und die Zeremonien: nämlich, daß die Heuchler glauben, äußerliche
und bürgerliche Werke täten dem Gesetz Gottes Genüge, und Opfer und Kulthand-
lungen machten durch ihren Vollzug vor Gott gerecht. Diese Decke aber wird uns
dann abgenommen [CR 449] [187] (d. h., dieser Irrtum wird aus der Welt geschafft),
wenn Gott unseren Herzen unsere Unreinheit und das Ausmaß unserer Sünde zeigt.
Dann erst sehen wir, daß wir noch weit von der Erfüllung des Gesetzes entfernt sind.
Dann erkennen wir, wie das selbstsichere und träge Fleisch Gott nicht fürchtet, auch
nicht wirklich glaubt, daß Gott nach uns sieht, sondern [meint], aus Zufall würden die
Menschen geboren und sterben. Da merken wir, daß wir nicht glauben, daß Gott ver-
zeiht oder erhört. Wenn wir aber durch das Hören des Evangeliums und die Sünden-
vergebung im Glauben aufgerichtet werden, empfangen wir den Heiligen Geist, so
daß wir dann richtig über Gott denken, ihn fürchten und ihm glauben können usw.
Hieraus wird deutlich, daß das Gesetz nicht ohne Christus und den Heiligen Geist
erfüllt werden kann.
[Beginnende Erfüllung: innerlich und äußerlich]
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Wir bekennen daher, daß das Gesetz in uns einen Anfang haben und danach immer
größer werden muß. Und wir fassen hier beides zusammen, die geistlichen Regungen
und die äußeren guten Werke. Zu Unrecht beschuldigen uns deshalb die Gegner, die
Unseren lehrten keine guten Werke, obwohl sie diese doch nicht nur verlangen, son-
dern auch zeigen, wie sie getan werden können. Die Erfahrung lehrt, daß Heuchler,
die aus eigenen Kräften das Gesetz erfüllen wollen, das, was sie versuchen, nicht
zustande bringen. Denn die menschliche Natur ist bei weitem zu schwach, als daß sie
dem Teufel aus eigenen Kräften widerstehen könnte, der doch alle gefangenhält, die
nicht durch den Glauben befreit sind. Gegen den Teufel bedarf es der Macht Christi,
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