Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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geholfen“ (Lk 7, 50). Christus hat also nicht zum Ausdruck bringen wollen, daß die
Frau durch jenes Werk der Liebe die Vergebung der Sünden verdient hätte. Deshalb
sagt er auch deutlich: „Dein Glaube hat dir geholfen.“ Der Glaube aber ist es, der die
Barmherzigkeit aufgrund des Wortes Gottes umsonst ergreift. Wenn einer leugnet,
daß das der Glaube ist, dann weiß er überhaupt nicht, was der Glaube ist. Und die
Geschichte selbst zeigt an dieser Stelle, was er unter Liebe versteht. Die Frau ist ge-
kommen, weil sie von Christus glaubt, daß bei ihm Vergebung der Sünden zu finden
ist. Das ist die höchste Verehrung Christi. Nichts Größeres konnte man Christus zu-
erkennen. Das heißt wirklich, ihn als Messias anzuerkennen: bei ihm Vergebung der
Sünden zu suchen. Und weiter: So von Christus zu denken, ihn so zu ehren, ihn so zu
umfangen, heißt wirklich zu glauben.
Christus hat dieses Wort von der Liebe aber nicht zu der Frau gesprochen, sondern
gegenüber dem Pharisäer, weil er die ganze Handlungsweise des Pharisäers mit der
der Frau verglich. [191] Er tadelt den Pharisäer, [CR 452] weil der ihn nicht als den
Messias anerkannte, obwohl er ihm so viel höfliche Aufmerksamkeit schenkte wie
einem Gast, einem großen und heiligen Mann. Er zeigt auf die unbedeutende Frau
und lobt ihre Handlungsweise, ihr Salben, ihre Tränen usw., weil das alles Zeichen
des Glaubens und gewissermaßen ein Bekenntnis waren, weil sie doch bei Christus
Vergebung der Sünden suchte. In der Tat ein großartiges Beispiel! Nicht ohne Grund
bringt es Christus dazu, den Pharisäer – einen weisen und ehrenwerten, aber nicht
glaubenden Menschen – zu tadeln. Diese unfromme Haltung wirft er ihm vor und
weist ihn durch das Beispiel der Frau zurecht. Er zeigt, daß es für ihn schimpflich ist,
wenn er, ein Lehrer des Gesetzes, nicht glaubt, den Messias nicht anerkennt, nicht bei
ihm Sündenvergebung und Heil sucht – obwohl doch eine ungebildete Frau an Gott
glaubt! Deshalb lobt er ihre ganze Verehrung so, wie es oft in der Heiligen Schrift
geschieht, daß wir durch ein Wort vieles ausdrücken. So werden wir es weiter unten
noch bei ähnlichen Stellen zeigen, wie: „Gebt Almosen, dann ist euch alles
rein“ (Lk 11, 41). [Hier] verlangt er nicht nur Almosen, sondern auch die Gerechtig-
keit des Glaubens. So sagt er hier: „Ihr sind viele Sünden vergeben, denn sie hat viel
Liebe gezeigt“ (Lk 7, 47) – d. h., weil sie mich wirklich geehrt hat durch den Glauben
und Taten und Zeichen des Glaubens. Er meint die ganze Verehrung. Doch lehrt er
gleichzeitig, daß die Vergebung der Sünden eigentlich durch den Glauben empfangen
wird, obwohl die Liebe, das Bekenntnis und die anderen guten Früchte folgen müs-
sen. Deshalb will er nicht, daß jene Früchte das Lösegeld oder eine Sühne sind, um
derentwillen [CR 453] die Vergebung der Sünden gewährt wird, die uns mit Gott
versöhnt.
Wir sprechen hier über eine große Sache, über die Ehre Christi und woher die
frommen Menschen einen sicheren und zuverlässigen Trost erhalten können; [d. h.,]
ob man sein Vertrauen auf Christus setzen soll oder auf unsere Werke. Wenn es aber
auf unsere Werke zu setzen sein sollte, so wird Christus die Ehre des Vermittlers und
Versöhners geraubt. Und dennoch werden wir im Gericht Gottes erfahren, daß dieses
Vertrauen eitel ist und die Gewissen daher in Verzweiflung fallen.