Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
144
[Kirchenväter bezeugen Glaubensgerechtigkeit]
37
Es finden sich aber auch bei den heiligen Vätern verstreut ähnliche Zeugnisse. So
schreibt Ambrosius in seinem Brief an einen gewissen Irenäus: „Aber die Welt ist ihm
durch das Gesetz unterworfen worden, weil sie alle aufgrund der Vorschrift des
Gesetzes belangt werden und niemand durch Werke des Gesetzes gerechtfertigt wird.
Das heißt: Weil durch das Gesetz die Sünde erkannt, aber die Schuld nicht erlassen
wird. So schien das Gesetz geschadet zu haben, weil es alle zu Sündern gemacht hat-
te. Aber als unser Herr Jesus kam, hat er allen die Sünde geschenkt, der sich niemand
hatte entziehen können; und er hat, indem er sein Blut vergoß, unseren Schuldschein
zerrissen (Kol 2, 14). Das ist es, was [Paulus] meint: ‚Die Sünde gewann durch das
Gesetz an Macht; noch mächtiger aber wurde die Gnade durch Jesus‘ (Röm 5, 20).
Denn nachdem die ganze Welt unterworfen worden war, nahm er die Sünde der gan-
zen Welt hinweg, wie Johannes [der Täufer] dies bezeugt, indem er spricht: ‚Siehe,
das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt‘ (Joh 1, 29). Und deshalb
soll sich niemand seiner Werke rühmen, weil keiner aufgrund seiner Taten gerecht-
fertigt wird. Wer aber gerecht ist, der hat ein Geschenk empfangen, weil er seit der
Taufe gerechtfertigt ist. Es ist also der Glaube, der durch das Blut Christi befreit.
Daher gilt: ‚Selig ist der, dem die Sünde vergeben und die Gnade geschenkt wird‘
(Ps 32, 1).“
– Dies sind die Worte des Ambrosius, welche unsere Deutung offen-
sichtlich decken. [182] Er spricht den Werken die Rechtfertigung ab und behauptet
vom Glauben, daß er uns durch das Blut Christi frei macht. Auf einen Haufen mit all
den Sentenzenschreibern
, die man mit so hochtrabenden Beinamen ziert! Denn die
einen nennt man „engelgleich“, die anderen „scharfsinnig“ oder gar „unüber-
windlich“.
Wenn man sie alle lesen und nochmals lesen würde, trügen sie doch
nicht soviel zum Verständnis des Paulus bei wie dieser eine Ausspruch des Am-
brosius!
Im gleichen Sinne schreibt auch Augustinus vieles gegen die Pelagianer. So sagt er
in der Schrift „Vom Geist und vom Buchstaben“: „Deshalb wird hier die Gerechtig-
keit des Gesetzes angeführt (daß, wer sie tut, in ihr leben wird), damit jeder, der seine
Schwäche erkannt hat, nicht durch eigene Kräfte oder den Buchstaben des Gesetzes
(denn das ist unmöglich!), sondern durch den Glauben den Rechtfertiger versöhnt und
es dann tut und darin lebt. Ein rechtes Werk, in dem der, der es tut, auch lebt, gibt es
nur in einem, der schon gerechtfertigt ist.“ Hier sagt er deutlich, daß der Rechtfertiger
durch den Glauben versöhnt und die Rechtfertigung durch den Glauben erlangt wird.
Und kurz darauf heißt es: „Aus dem Gesetz fürchten wir Gott, aus dem Glauben
hoffen wir auf ihn. Denen aber, die sich vor der Strafe fürchten, bleibt die Gnade
verborgen. Die Seele, die von dieser Furcht gepeinigt wird usw., soll im Glauben bei
Gottes Barmherzigkeit Zuflucht suchen, damit er gibt, was er befiehlt.“
Hier lehrt er,
41 Ambrosius, Brief 73.
42 Mittelalterliche Kommentatoren der „Vier Bücher Sentenzen“ des Petrus Lombardus.
43 Gemeint sind – nacheinander – Thomas von Aquin († 1274; Beiname: „Doctor angelicus“), Duns Scotus (†
1308; Beiname: „Doctor subtilis“) und Alexander von Hales († 1245; Beiname: „Doctor irrefragabilis“).
44 Augustinus, Vom Geist und vom Buchstaben, Kap. 29, 51.