Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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vertrauen“, daß um seinetwillen Gott gewiß mit uns versöhnt sein will. Ebenso wie
man daran festhalten muß, daß außer dem Gesetz die Verheißung Christi vonnöten ist,
so muß man auch dabei beharren, daß der Glaube rechtfertigt. Denn das Gesetz lehrt
die umsonst geschenkte Vergebung der Sünden nicht. Ebenso gilt: Das Gesetz kann
nicht erfüllt werden, wenn man nicht zuvor den Heiligen Geist empfangen hat. Man
muß also daran festhalten, daß die Verheißung Christi notwendig ist. Diese kann aber
nur durch den Glauben empfangen werden. Deshalb lehren die, die bestreiten, daß der
Glaube rechtfertigt, nur das Gesetz und beseitigen [damit zugleich] das Evangelium
und Christus.
[Glaube: nicht nur ein Anfang, sondern Empfang der ganzen Rechtfertigung]
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Aber wenn man sagt, daß der Glaube rechtfertigt, denken einige [jetzt] vielleicht an
den Anfang, als sei der Glaube der Anfang der Rechtfertigung oder eine Vorberei-
tung darauf, so als sei der Glaube nicht selbst das, wodurch wir Gott angenehm sind,
sondern [erst] die Werke, die [ihm] folgen. Und so faseln sie, der Glaube werde des-
halb so gepriesen, weil er der Anfang sei. Denn groß ist die Kraft des Anfangs, so daß
man sagt: „Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen.“
Wie wenn einer sagt: „Die
Grammatik macht die Doktoren aller Wissenschaften, weil sie auf die anderen Wis-
senschaften vorbereitet.“ Dabei bringt doch in Wirklichkeit jede Wissenschaft ihre
eigenen Fachleute [CR 440] hervor. Wir denken nicht so vom Glauben, sondern ver-
treten dies, daß wir eigentlich und wirklich durch den Glauben selbst um Christi
willen für gerecht erklärt werden, d. h. Gott angenehm sind.
Und weil „gerechtfertigt werden“ bedeutet: aus Ungerechten zu Gerechten gemacht
oder wiedergeboren zu werden, so bedeutet es auch: „für gerecht erklärt und gehalten
zu werden“. Auf beiderlei Weise nämlich redet die Heilige Schrift. Deshalb wollen
wir zunächst zeigen, daß allein der Glaube aus einem Ungerechten einen Gerechten
macht, d. h. die Vergebung der Sünden empfängt.
[Rechtfertigung durch den Glauben „allein“]
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Einige stoßen sich an dem Wörtchen „allein“, obwohl doch Paulus sagt: „Wir sind
fest davon überzeugt, daß der Mensch durch den Glauben gerechtfertigt wird, nicht
durch die Werke“ (Röm 3, 28). Ebenso Eph 2 (v. 8 f.): „Aus Gnade seid ihr selig
geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es, nicht aus Wer-
ken, damit sich nicht jemand rühme.“ Desgleichen Röm 3 (v. 24): „[Wir sind] ohne
Verdienst gerechtfertigt.“ Wenn ihnen dieses ausschließende „allein“ mißfällt, [175]
müssen sie also auch bei Paulus die folgenden ausschließenden Wendungen tilgen:
„Umsonst“, „nicht aus Werken“, „Geschenk ist es“ usw. Denn dies sind ja auch Aus-
schlußformeln. Wir schließen damit zwar die Meinung vom Verdienst aus. Wir
schließen aber nicht das Wort oder die Sakramente aus, wie uns die Gegner vorwer-
37 Platon, Gesetze, Kap. 6.